Nicht nur Spielejournalisten, auch die für die Qualitätssicherung der Publisher verantwortlichen Tester dürfen neue Titel oft weit vor ihrem offiziellen Erscheinungstermin ausprobieren. Spielen und dafür bezahlt werden? Für viele Menschen ein Traumjob. Auch für GameStar-Leser M., der anonym bleiben möchte. »Wie für jeden leidenschaftlichen Spieler wäre es für mich ein großer Traum dafür bezahlt zu werden, mich mit Spielen auseinanderzusetzen«, betont er im Gespräch.
Update vom 05.03.2019, 16:56: Wir haben im Artikel an einigen Stellen den alten Namen sowie die URL der Website von Spieletester.eu in die neue Internet-Adresse Gametestergo.com, unter welcher die Betrugs-Website jetzt online ist, geändert. Der restliche Inhalt dieses Artikels bleibt unverändert im Original.
Als M. Anfang Februar 2016 im Netz nach Stellen recherchiert, landet er rasch auf der Website Spieletester.eu, die inzwischen auf Gametestergo.com weiterleitet. Kein Wunder: Gibt man auf Google »Spieletester« oder »Spieletester werden« ein, wird das Onlineportal weit oben in den Suchergebnissen angezeigt. Was M. dort zu lesen bekommt, klingt toll: Spieletester.eu (heute Gametestergo.com) wirbt mit dem Slogan »Wir verwirklichen deinen Traum!« und gibt an, seit 2013 »mehr als 8.000 Menschen« als Spieletester an die Hersteller vermittelt zu haben. Allein »im letzten Monat« habe man »452 zufriedene Kunden« gehabt.
Auch die weiteren Versprechen wecken hohe Erwartungen: »Durch uns die größten Chancen, wirklich Spieletester - bei sehr hohem Lohn - zu werden!«, »Zugang zu bisher unveröffentlichten Spielen!«, »Beeinflusse brandneue Spiele durch deinen Test!« oder »Erhalte kostenlose Hardware (Konsolen, Headset, etc.) zum Spieletest«, heißt es da. Weiterhin bekomme »jeder 300. Teilnehmer« eine PlayStation 4, und obendrein gehe bei erfolgreicher Vermittlung eine Spende in Höhe von einem Euro an SOS-Kinderdorf. Es wirkt zu schön, um wahr zu sein. Und ist es auch.
Wer wissen will, was Betroffene tun können, springt einfach direkt zu unserem Interview mit dem Anwalt.
Hoffen auf den Traumjob
Da Spieletester.eu zu diesem Zeitpunkt noch mit »Bekannt aus Bild, GameStar und Gamescom« wirbt, als Referenzen namhafte Firmen wie Blizzard, Oculus oder Valve angibt, schicke Artworks von Spielehits à la The Last of Us verwendet und alles mit den offiziellen Logos unterlegt, wirkt die Website auf M. vertrauenswürdig. Selbst als er die AGB liest und von der einmaligen Anmeldegebühr in Höhe von 19,95 Euro erfährt - laut Spieletester.eu ein »nur diesen Monat gültiger Aktionspreis« -, wird er nicht misstrauisch.
»Ich sah die Seite einfach als eine Chance an, meinen Traum zu realisieren«, sagt M. Er meldet sich bei Spieletester.eu an und verfasst mit viel Herzblut die von den Betreibern empfohlene Proberezension. »Ich schrieb eine recht ausführliche Review zu Destiny«, so der langjährige Spieler. Einige Tage Bedenkzeit später überweist er dann die geforderte Summe.
»Auf den ersten Blick wirkte die Seite nicht unseriös, und bis auf die 20 Euro hatte ich ja nichts zu verlieren«, begründet er seine Entscheidung. Nachdem M. der per E-Mail verschickten Aufforderung, den Account zu bestätigen, nachgekommen ist, wird sein Spieletester.eu-Konto am 14. Februar freigeschaltet. Und dann passiert: nichts.
M. wartet einige Tage, schaut sich in dieser Zeit ein wenig im Internet um und stellt fest, dass die der Facebook-Seite von Spieletester.eu keinerlei Aktivitäten verzeichnet. So langsam beschleicht ihn ein ungutes Gefühl. Am 22. Februar schreibt seine Freundin an die Kontakt-Mailadresse von Spieletester.eu und fragt höflich nach, ob die Firma denn überhaupt noch aktiv sei.
Eine Antwort? Ist bis heute ausgeblieben. M. ahnt zu diesem Zeitpunkt bereits, dass er auf eine Betrugsmasche hereingefallen ist. In seiner Verzweiflung - und weil er andere warnen will - wendet er sich mit einem Leserbrief an das Magazin seines Vertrauens. Hier kommen wir ins Spiel.
Die Recherche beginnt
Was M. nicht wissen kann: Wir haben Spieletester.eu schon länger im Visier, schließlich verwendet die Seite das GameStar-Logo, obwohl wir niemals um Erlaubnis gefragt wurden - geschweige denn über die Seite berichtet haben. Infolgedessen hatten wir bereits vor Monaten einen Redakteur beauftragt, sich dort anonym anzumelden und die Vertrauenswürdigkeit der Website zu überprüfen. Eine Rückmeldung bekamen ebenfalls nie, auch nicht auf Nachfrage. Höchste Zeit, die Geschichte endgültig aufzuklären!
Um sicher zu gehen, melden wir uns am 14. März ein weiteres Mal mit einem zweiten Mitarbeiter auf der Website an und hören - wenig überraschend - nie wieder etwas von Spieletester.eu. Eine Überprüfung der zugehörigen Facebook-Seite und ein Check der dortigen Besucherbeiträge fördert zutage, dass mehrere Spieler erfolglos auf eine Jobvermittlung oder wenigstens ein Betreiber-Feedback warten. »Der reinste Betrug! Geld bezahlt, aber keine Rückantwort seit vier Wochen«, beschwert sich ein Facebook-Nutzer.
Wir wollen nun als Erstes der Sache mit den auf Spieletester.eu verwendeten Logos nachgehen: Wissen die dort aufgeführten Unternehmen davon? Und haben sie tatsächlich schon einmal mit Spieletester.eu kooperiert? Wir unterhalten uns unter anderem mit Mitarbeitern von Sony und Blizzard, fragen beim Gamescom-Team der Koelnmesse GmbH und den Kollegen von Chip nach und hören uns auch sonst intensiv in der Spielebranche um.
Ergebnis: Weder wurde die Verwendung der Logos von den Firmen abgesegnet, noch hat irgendjemand mit Spieltester.eu zusammengearbeitet. Mehr noch: Niemand kennt die Seite. Einige der von uns Angesprochenen sind regelrecht perplex ob der Dreistigkeit der Spieletester.eu-Inhaber und püfen nun juristische Schritte gegen das Portal.
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