Wer denkt, Assassin's Creed: Odyssey bestehe nach dem Ubisoft-Formel-Einmaleins nur aus Banditencamps, Aussichtspunkten und Questmarkern, täuscht sich gewaltig. In jedem Winkel der riesigen Spielwelt des Alten Griechenlands verstecken sich faszinierende Details, die man nur allzu leicht übersehen kann. Und viele Spieler tun das auch.
Also warum macht sich der Entwickler dann überhaupt die Mühe eine so detaillierte Welt zu erschaffen? Ist das nicht ein bisschen viel Aufwand für eine schöne Kulisse, die ohnehin kaum beachtet wird? Im Gegenteil: Gerade weil die Details scheinbar überflüssig oder zumindest nicht gameplay-relevant sind, sind sie so wichtig für Odyssey. Denn sie entscheiden darüber, wie gut die Open-World-Illusion letztlich für den Spieler funktioniert - oft, ohne dass er es überhaupt wahrnimmt.
Großer Report: So funktioniert Open World
In unserem großen Hintergrund-Report erklären wir, was Open-World-Spiele so reizvoll macht, wie sie entwickelt werden, wie man sie am besten mit Gameplay füllt, und was uns in den offenen Welten der Zukunft erwarten könnte.
Teil 1:Wie offene Welten mit unseren Urinstinkten spielen
Teil 2:Wie groß muss eine Open World sein?
Teil 3:Was offene Welten glaubwürdig macht
Teil 4:Open Worlds und das Story-Dilemma
Teil 5:Sandbox und die Zukunft der Open World
AC: Odyssey im Test: Der Koloss von Ubisoft
Eine lebendige Welt
Lebendig kann im Spielekontext erst einmal viel bedeuten. Ist eine Open World lebendig, weil uns ab und zu ein Reh vor die Füße springt? Weil NPCs einen Tagesablauf haben? Im Fall von Odyssey trifft das schon einmal zu, aber die offene Welt bietet noch viel mehr. Nimmt man Abstand von all den Aufgaben im Spiel und streift einfach nur durch die Welt, entfaltet sich auf einmal die ganze, vorher unsichtbare Detailfülle vor einem.
Wir sehen, wie perfekt simulierte Wellen an die Küste schlagen, während darunter Fische unter der klaren Wasseroberfläche schimmern. Oder uns fällt die Reflexion der Welt im Auge unseres Pferdes auf, wenn wir im Fotomodus ganz nah heranzoomen. Gehen wir in die Dörfer, können wir NPCs bei ihrem normalen Arbeitsalltag beobachten. Wir sehen zum Beispiel eine Frau, die Essen für zwei Arbeiter kocht, die im Schneidersitz auf dem Boden aus ihren Tellern essen. Am Strand beobachten wir wiederum Fischer, die den letzten Fang sortieren und ausnehmen.
Lebendig bedeutet bei Odyssey mehr als nur ein paar dynamische Ereignisse in der Spielwelt. Die Welt lebt hier ohne uns, geht ihrem Alltag nach. Sie existiert scheinbar nicht für uns als Spieler, sie existiert einfach für sich und wir besuchen sie. Wie viel wir letztlich davon mitnehmen entscheidet wie bei einem Urlaub allein wie aufmerksam und neugierig wir sind.
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Die Detailliebe hinter der Formel
Natürlich trügt der Schein ein wenig: Alles in Odyssey ist letztlich für uns als Spieler da, weil die Welt nun einmal für uns erschaffen wurde. Die Kunst ist aber, es nicht so wirken zu lassen. Damit die Welt sich echt anfühlt, darf sie nicht nur ein zweckmäßiger Baukasten für den Spieler sein. Gerade dass die Details für uns keinen aktiven Mehrwert haben, macht sie deshalb so wichtig für unsere Wahrnehmung der Open World. Denn eine Welt, die nur für uns da ist, ist keine glaubwürdige Welt.
Genauso wenig wie ein Welt, die uns nicht wahrnimmt. Eine Sandbox ermöglicht uns in der Regel auch allerlei Schabernack, genauso auch in Odyssey: Wir können Leute jederzeit umrempeln, bestehlen oder sogar ermorden. Wird nicht darauf reagiert, geht die Illusion schnell flöten und die Bewohner entpuppen sich als hohle Marionetten.
Hier zeigt sich: Die Welt von Odyssey ist definitiv mehr als nur eine Kulisse. Rempeln wir Leute an, pöbeln sie unfreundlich mit erhobenem Zeigefinger zurück. Stehlen wir, greift irgendwann ein beherzter Bürger zu einem Paddel oder Besen, um seinen Besitz zu verteidigen oder attackiert uns sogar mit der Faust. Töten wir wahllos, bricht eine Massenpanik aus, aber auch hier finden sich mutige NPCs, die sich uns entgegenstellen.
Das Gleiche gilt für die Tierwelt. Wie gewohnt greifen uns Wölfe und Co. unterwegs an oder bekämpfen sich auch gegenseitig. Das sind wir mittlerweile von solchen Spielwelten gewohnt, faszinierend wird es aber wieder im Detail: Nähern wir uns eingesperrten Tieren im Käfig, springen sie knurrend und fauchend an die Stäbe und versuchen uns selbst dann zu attackieren. Sie reagieren so, wie sich ein eingesperrtes Tier auch in der echten Welt verhalten würde. Spielerisch mag Ubisoft noch stark an seiner Formel festhalten, was die Inszenierung der Welt angeht, sind die Entwickler aber definitiv ganz vorne mit dabei.
GameStar-Plus-Podcast zu Odyssey: Ein Spiel, über das man streiten muss
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