Back 4 Blood im Test: Der Koop-Shooter hat ein großes Problem

Back 4 Blood lässt die alte Koop-Formel von Left 4 Dead mit neuen Ideen aufleben. Doch auf jeden guten Ansatz folgt ein schlechter.

Back 4 Blood gibts auf Steam und im Xbox Game Pass. Zum Release testen wir den Koop-Shooter. Back 4 Blood gibt's auf Steam und im Xbox Game Pass. Zum Release testen wir den Koop-Shooter.

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Vor 13 Jahren war die Videospielwelt noch eine andere. Zombies haben die Branche noch nicht reihenweise überrannt und die Formel eines Left 4 Dead war frisch und unverbraucht. Aber in einem Punkt ähnelt die Vergangenheit der Gegenwart: Gute Koop-Shooter sind immer noch Mangelware.

Und hier kommt Back 4 Blood ins Spiel, das von denselben Entwicklern wie der populäre Zombie-Shooter stammt: Turtle Rock Studios. Nachdem der erste Versuch, die alten Zeiten mit Evolve wiederaufleben zu lassen, an einem gierigen DLC-Konzept scheiterte, versucht es das Studio mit Back 4 Blood jetzt noch einmal. 

Ob die Neuerungen des Quasi-Nachfolgers das alte Left 4 Dead-Feeling in das Jahr 2021 befördern oder Turtle Rock die Koop-Nische, die andere Entwickler schändlicherweise vernachlässigen, dann doch nur wieder halbherzig bedient, erfahrt ihr im Test.

Eignet sich für euch, wenn ...
  • … ihr gerne Koop-Kampagnen mit euren Freunden spielt.
  • … ihr Fan von kurzweiliger Action seid.
  • … ihr das Zombie-Genre mögt.
Eignet sich nicht für euch, wenn ...
  • … ihr einen großen Fokus auf PvP legt.
  • … ihr eine Langzeitmotivation voraussetzt.
  • … ihr kein Fan von Splatter seid.

Der Autor
Rémy Bournizel ist seit jeher Fan von den verrotteten Kreaturen, die schon längst das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben. Selbst die Flut an Zombiespielen der letzten Jahre konnte daran nichts ändern. Noch verzweifelter lechzt er aber nach jedem Spiel, dass eine Koop-Möglichkeit mit sich bringt. Davon gibt es äußerst wenige und wenn dann nur mit weiten Abständen zwischen den Veröffentlichungen. Wie es sich für jeden braven Steam-User gehört, sind die beiden Left 4 Dead-Spiele natürlich schon seit Ewigkeiten Teil seiner Bibliothek und wurden ausgiebig gespielt. Umso spannender war es für Rémy, nach der Beta endlich die Vollversion von Back 4 Blood in die Hände zu kriegen. Turtle Rock hat es ihm aber leider nicht allzu leicht gemacht: Während des Tests war er immer wieder hin- und hergerissen zwischen Spaß und Ernüchterung.

Das Herzstück: Koop-Kampagne 

Vier Spieler müsst ihr sein, um Back 4 Blood in vollen Zügen zu genießen. Es gibt keine Möglichkeit, nur zu zweit oder zu dritt anzutreten. Leere Plätze werden nämlich immer mit Mitspielern oder Bots aufgefüllt.

Vor dem Spielstart habt ihr die Wahl zwischen drei Schwierigkeitsgraden: Rekrut, Veteran und Albtraum. Auch wenn ihr anfangs selbst im Veteranen-Modus scheitert, solltet ihr versuchen dran zu bleiben und euch besser abzusprechen. Denn auf Rekrut kommt das typische Left 4 Dead-Feeling noch nicht auf. Teamwork ist kaum zu beachten, die verschiedenen Zombietypen sind keine große Bedrohung und durchgehendes Schießen genügt, um den nächsten Saferoom zu erreichen. 

Anders sieht es aber auf Veteran aus. Selbst auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad seid ihr schneller ausgelöscht, als ihr Zombie-Epidemie sagen könnt, wenn ihr euch nicht mit eurem Team absprecht. Dafür stehen sowohl Text- als auch Voice-Chat zur Verfügung.

Die wenigen Schauplätze, die momentan verfügbar sind, können sich sehen lassen. Areale sind schön in Szene gesetzt und grausig dekoriert. Lediglich schade, dass manche Szenen öfters recycelt werden. Die wenigen Schauplätze, die momentan verfügbar sind, können sich sehen lassen. Areale sind schön in Szene gesetzt und grausig dekoriert. Lediglich schade, dass manche Szenen öfters recycelt werden.

Wer nimmt welche Waffe, um Munitionsmangel vorzubeugen? Welche Kombination aus den verfügbaren Charakteren mit ihren individuellen Fähigkeiten ist die richtige für unsere Gruppe? Wer kauft welche Spezialausrüstung, um ausgeschiedene Spieler wiederzubeleben oder Räume mit wertvollem Loot zu öffnen?

Habt ihr euch aber einmal abgesprochen, kann es losgehen. Anfangs werdet ihr von den gewöhnlichen Zombies noch keine Angst haben, einzeln sind diese nämlich keine Gefahr und können ohne Bedenken im Nahkampf ausgeschaltet werden. Begegnet ihr aber einer ganzen Horde, wird der Spieß umgedreht. Noch gefährlicher wird es, wenn Spezial-Zombies wie der Tallboy dazustoßen. Die speziellen Varianten haben individuelle Eigenheiten, die ihr als Spieler auf dem Schirm haben solltet. Wir stellen sie euch in unserer Bildergalerie vor:

Reeker Der Reeker ist zwar einer der langsameren Burschen, doch in Kombination mit anderen Zombies durchaus gefährlich. Schaltet ihr den Reeker zudem aus der Nähe aus, werdet ihr mit giftigen Sekreten bedeckt.

Snitcher Der Snitcher kann äußerst gefährlich werden, wenn ihr seine Aufmerksamkeit auf euch zieht. Dann gibt er nämlich einen lauten Schrei von sich, der große Horden anlockt.

Tallboy Den Tallboy solltet ihr so gut wie möglich auf Abstand halten. Kommt ihr diesem Gefährten nämlich zu nahe, werdet ihr von seinem mutierten Arm zermalmt. Abhilfe schafft aber die Schwachstelle an seiner Schulter!

Stinger Der wohl flinkeste Gegner seiner Art ist der Stinger. Dieser versteckt sich gerne in dunklen Ecken, um euch hinterrücks zu überraschen. Seid ihr einmal in seinen Fäden gefangen, kann euch nur ein Mitspieler aus der Patsche helfen, außer ihr habt die »Breakout« Karte in eurem Deck. Diese erlaubt es Spielern, sich selbst zu befreien.

Die wichtigste Komponente ist aber euer Kartendeck, dass jeder Spieler schon vor dem Durchgang passend zu seinem Spielstil anlegen sollte. Das funktioniert folgendermaßen: Bevor ihr eine neue Partie startet, könnt ihr euch wahlweise im Menü oder im Hub ein Deck aus zwölf Karten für die verschiedenen Spielmodi zusammenlegen. Die Reihenfolge der Karten ist dabei entscheidend: Die Karten werden euch nämlich vor jeder Partie nach der von euch entschiedenen Reihenfolge zur Wahl gestellt. 

Das Kartensystem ist der einzige Punkt an Back 4 Blood, der die Langzeitmotivation fördert, weshalb es lobend hervorgehoben werden muss. Zum einen fühlt ihr euch durch die Karten merklich stärker, zum anderen könnt ihr euer Deck passend zu eurem Spielstil anlegen. 

Spielt ihr gerne mit Nahkampfwaffen an vorderster Front, gibt es gewisse Karten, die diesen Spielstil begünstigen. Wählt ihr zum Beispiel das Messer aus und kombiniert es mit der Fähigkeit, durch Nahkampfattacken Gesundheit zu regenerieren, entfaltet sich eine merklich andere Dynamik. Genau dieser taktische Tiefgang sorgt für das wohlige Gefühl im Bauch, das ihr aus den Quasi-Vorgängern bereits kennt. Ob das genug ist, darüber hat Michael Obermeier bereits anhand der Beta ein Video für euch aufgezeichnet:

Kann »Back 4 Blood« den größten Left 4 Dead-Fan überzeugen? Video starten 10:30 Kann »Back 4 Blood« den größten Left 4 Dead-Fan überzeugen?

Trotz dieser guten Ansätze wirkt die Kampagne von Back 4 Blood aber aus der Zeit gefallen. Ihr bahnt euch euren Weg durch einzelne Zombie-Grüppchen bis ihr zu einer Stelle kommt, bei der ihr einen Schalter betätigt, um zum Beispiel einen Weg freizugeben. Dies sorgt dafür, dass ihr eine Horde alarmiert. Habt ihr diese besiegt, geht es meist noch ein Stück den Pfad entlang, bis ihr einen Saferoom erreicht. 

Bosskämpfe gibt es natürlich auch, diese äußerst imposanten Kreaturen (Hintergrund) halten deutlich mehr aus. Doch nicht immer ist der Kampf die beste Wahl. Bosskämpfe gibt es natürlich auch, diese äußerst imposanten Kreaturen (Hintergrund) halten deutlich mehr aus. Doch nicht immer ist der Kampf die beste Wahl.

Es gibt zwar auch Ausnahmen, wie das Finden einer abgetrennten Hand, um einen Türcode zu knacken, oder das Zerstören von Nestern, die spielerischen Unterschiede sind aber marginal. Nur wenige Missionsabschnitte stechen aus der Masse heraus. Um Horden an Zombies von weiteren Überlebenden abzulenken, müsst ihr euch einmal in eine Bar begeben und dort eine Jukebox einschalten. Daraufhin schießt ihr euch zu den Klängen von »Black Betty« durch Gegnermassen. Missionen dieser Art hätte Back 4 Blood viel öfter gebraucht.

Aufgeteilt ist die Kampagne in vier Akte. Diese unterteilen sich wiederum in einzelne Missionen. Leider gibt es noch einen weiteren Wermutstropfen: Die einzelnen Missionen sind nie sonderlich lang oder weitläufig, trotzdem werden sie in späteren Akten recycelt - und das bei einer Kampagne, die in innerhalb von sechs bis zehn Stunden beendet werden kann. Das ist besonders bitter, wenn man bedenkt, dass es sich bei Back 4 Blood um einen 60-Euro-Vollpreistitel handelt.

Geht ihr langsam und mit Bedacht vor, kann euch dies gerade auf höheren Schwierigkeitsgraden behilflich sein. Ballert ihr dagegen durchgehend wild in der Gegend rum, scheucht ihr Unmengen von Zombies auf. Geht ihr langsam und mit Bedacht vor, kann euch dies gerade auf höheren Schwierigkeitsgraden behilflich sein. Ballert ihr dagegen durchgehend wild in der Gegend rum, scheucht ihr Unmengen von Zombies auf.

Solospieler schauen in die Röhre

Generell hätten sich Turtle Rock Studios einen Gefallen damit getan, den Fokus von Back 4 Blood auf die Koop-Kampagne zu setzen. Die Entwickler vertrauen zu sehr auf den Koop-Spaß, den ihr habt, wenn ihr mit euren Freuden spielt, aber abseits davon wirkt das Gameplay wie Stückwerk; die einzelnen Elemente greifen bei weitem nicht so gut ineinander wie in Left 4 Dead.

Solospieler hat es noch deutlich schlimmer getroffen: Diese bekommen ihr eigenes Progressionssystem und dürfen erspielte Karten auch nur für den Einzelspielermodus einsetzen. Trophäen und Statistiken werden ebenfalls nicht aufgezeichnet. Bereits vor Release reagierte Entwickler Turtle Rock auf Kritik und versprach, dies im Laufe der Zeit abzuändern. Zum Launch bleibt aber noch alles wie gehabt

Die verschiedenen Cleaner bringen nützliche Fähigkeiten mit. Eine gut zusammengestellte Gruppe kann so manch eine brenzliche Situation entschärfen. Die verschiedenen Cleaner bringen nützliche Fähigkeiten mit. Eine gut zusammengestellte Gruppe kann so manch eine brenzliche Situation entschärfen.

Die »Intelligenz« eurer computergesteuerten Mitstreiter erschwert euch das Leben zusätzlich. Diese sind derart unnütz, das man sich schon fragt, warum man überhaupt gezwungen wird, sie als Solospieler mitzuschleppen. Die KI-Kollegen verkanten sich oftmals in Ecken oder schießen wild in Wände und Decken, wenn sich dahinter Zombies befinden. Zumindest aber benutzen sie in regelmäßigen Abständen ihr Spezialfähigkeiten wie zum Beispiel das Aushändigen von Munition. Das macht sie immerhin ein bisschen weniger nutzlos.

Wer eine packende Geschichte sucht, ist bei Back 4 Blood wie erwartet an der falschen Adresse. Die Rahmenhandlung kann man so zusammenfassen: Explosionen garniert mit haufenweiser »coolen« Sprüchen und zum Nachtisch noch ein paar belanglose Dialoge. Erzählt wird euch das in rar gesäten Zwischensequenzen und Monolog-Schnipseln einzelner Charaktere während einer Mission. 

Ärgerlich hierbei ist, dass mehr Story durchaus im Spiel enthalten ist. Diese erfahrt ihr aber nur, wenn ihr mit verschiedenen Charakteren mehrmals die Kampagne spielt. Dabei hätte ein dichteres Storytelling Back 4 Blood deutlich besser getan.

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