Bitte aufhören! - Die ersten und letzen Minuten eines Spiels sind entscheidend

Start und Schluss eines Spiels entstehen meist gegen Ende der Entwicklungphase – wenn Zeit und Geld knapp werden. Man merkt’s. Dabei entscheiden die ersten und letzen Minuten maßgeblich darüber, ob ein gutes zu einem großartigen Spiel wird.

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Im besten Spielende des letzten Jahres wird ein Lied gesungen; dazu läuft gelbe Schrift über den Bildschirm. Man kann nicht sagen, dass Portal für seinen Abschluss sonderlich viel technischen Aufwand treibt. Musik, Text, fertig. Dennoch hat sich die Nachricht von diesem Ende wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Schwärmereien füllen Foren, das Video wird hunderttausendfach auf Youtube geklickt. Dass Portal – in erster Linie durch Mund-zu-Mund-Propaganda – zum umjubelten Darling der Spieleszene geworden ist, hat weit mehr mit diesem Ende zu tun, als man glauben mag. Nach dem intensiven, aufregenden Endkampf entlässt Portal den durchschnaufenden Spieler in eine ruhige, knapp abschließende Grafiksequenz. Um dann bei den Credits zu überraschen: Der besiegte Computer singt. Lässt in einem Ohrwurm das Geschehene Revue passieren, offenbart Gefühle, streut milden Spott und spitze Ironie. Man kann als Spieler gar nicht anders, als bezaubert zu sein von dieser Wendung, weil sie so persönlich ist; ein intimes Stelldichein, eine Aussprache nach der Konfrontation. Portal entlässt seine Spieler zurück in die Welt, damit sie sofort die Freunde anrufen: »Ich muss dir erzählen, was ich gerade erlebt habe!« Ein Lied, gelber Text.

Lustlos und quälend

Portal ist die große Ausnahme; vielleicht hat es deshalb so enthusiastische Reaktionen ausgelöst. Die Regel dagegen lautet: Das Ende ist lästig. Wenn Sie sich eine beliebige Zahl von Spielen ansehen, werden Sie merken, dass nichts den Entwicklern so unangenehm zu sein scheint, wie einem Spiel einen vernünftigen Abschluss zu geben; vielleicht mit der Ausnahme der Qualitätssicherung. Ähnlich gequält hocken die Designer offensichtlich vor dem anderen Zipfel des Spielerlebnisses, dem Anfang – nur so erklärt sich die traurige Historie lustloser Handbücher, ausgegliederter Tutorials, bildfüllender Textfenster, lückenhafter, irreführender, unverständlicher, staubtrockener, endloser oder fehlender Anleitungen. Der Stand der Qualität bei Spieleinstiegen ist ernüchternd. In der Tat können die Hersteller von Glück reden, dass ihre Spiele so teuer sind. Denn wer bis zu 60 Euro für ein Produkt ausgibt, der bekundet von vornherein den klaren Willen, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen; je höher die Investition, desto größer die Leidensbereitschaft. Die Schreiber von DVD-Recorder-Handbüchern danken dem gleichen Gott. Umso augenfälliger ist es, wie rapide die Bereitschaft zur Selbstquälerei abnimmt, je preiswerter ein Gut wird; ein schnelles Zwischendurch-Spiel Marke Moorhuhn, das potenziellen Käufern ein sperriges Tutorial zumutet, wird vom Markt ausgesiebt.

Den Anfang am Ende

Toller Anfang bei WarCraft 3: Das Tutorial ist eine eigene Mini-Kampagne, in der Sie zugleich die Vorgeschichte um das Schicksal der Orcs erzählt bekommen. Toller Anfang bei WarCraft 3: Das Tutorial ist eine eigene Mini-Kampagne, in der Sie zugleich die Vorgeschichte um das Schicksal der Orcs erzählt bekommen.

Dass Auftakt und Schluss von Spielen mitunter stiefmütterlich behandelt werden, erklärt sich aus dem Herstellungsprozess beim Entwickler. »Zuerst entsteht der Mittelteil des Spiels, dann das Ende und als allerletztes der Anfang«, beschreibt zum Beispiel Volker Wertich (Spellforce 2) die Herangehensweise seines Teams. »Wir ändern häufig selbst drei Monate vor dem Erscheinungstermin noch Spielregeln. Das macht es unmöglich, den Anfang vorher schon vernünftig zu gestalten.« Weil gegen Produktionsende Zeitnot und Kostendruck wachsen, wird dann gern mit der heißen Nadel gestrickt. Es ist ja auch so: Selbst der beste Einstieg hat praktisch keine Relevanz für den Erfolg eines Spiels. Entscheidende Faktoren für den Kauf sind die Grafik, das Genre, die Spielweise, der Handlungs-Aufhänger; entsprechend konzentrieren sich die Bemühungen der Entwickler darauf, diese Punkte so vorzeigbar wie möglich zu machen. Allerdings: Die Präsentation mag den ersten Kauf innerhalb einer Spieleserie bestimmen. Der zweite, dritte, vierte fußt auf dem Spielerlebnis. Und das wird maßgeblich davon beeinflusst, wie motivierend Spieleinstieg und Abschluss ausfallen.

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