Call of Duty und Warzone machen sich gegenseitig kaputt

Meinung: Phil fürchtet, dass die Verbindung zwischen Battle Royale und jährlichen CoD-Releases das Ende der Fairness bedeuten könnte.

Warzone und die CoD-Reihe sollen voneinander profitieren. Doch am Ende könnte das nach hinten losgehen. Warzone und die CoD-Reihe sollen voneinander profitieren. Doch am Ende könnte das nach hinten losgehen.

Warzone ist nicht nur für sich genommen gigantisch groß, sondern auch das künftige Bindegewebe zwischen allen neuen Call of Dutys. Die Idee ist einfach: Der kostenlose Battle Royale ist die gemeinsame Spielwiese der Marke, auf der sich jeder gratis tummeln darf und die mit immer neuen Spielsachen und Attraktionen aus dem jeweils aktuellen Hauptteil bestückt wird. Kommt ein neues CoD auf den Markt, lassen sich die Free2Play-Spieler einfacher vom Kauf überzeugen.

Aber die Synergie nutzt nicht nur dem Hersteller, sondern auch uns Fans: Wo ich den Battle Pass hochlevele oder im Prestige-Rang aufsteige, bleibt mir überlassen - das gesamte Fortschrittsystem wird zusammengelegt. Das macht den Wechsel bequemer und mein freigeschalteter Kram behält seine Bedeutung in Warzone, auch wenn längst das übernächste CoD erschienen ist.

Über den Autor: Phil ist Shooter-Fan mit Leib und Seele. Da seine Lieblingsreihe Battlefield aber gerade eine herbe Durststrecke durchmacht, hat er sich wie viele andere auch primär Modern Warfare und Warzone zugewandt - immerhin entstehen hier (trotz all der Probleme) immer wieder diese absolut glorreichen und chaotischen Battlefield-Momente! Aber genau deshalb fragt er sich häufig, warum nicht mehr Entwickler auf den Military-Sandbox-Zug aufspringen. Alternativen gibt es auf dem Spielemarkt abseits von Battle Royale nämlich so gut wie keine und bis Battlefield 6 ist es noch ein Weilchen hin.

Trotzdem bin ich nach dem Start der ersten Cold-War-Season in Warzone beunruhigt. Wird Warzone durch die Verbindung mit CoD immer verbuggter, komplizierter und am Ende unmöglich zu balancen? Und leiden wir dadurch am Ende mehr darunter, als dass wir profitieren?

Wohin mit all den Waffen?

Ich finde die Idee ja grundsätzlich gut, dass der jährlich neue CoD-Teil immer auch etwas für Warzone mitbringt. So bleibt das Spiel frisch und interessant. Allerdings ist Black Ops Cold War erst der zweite integrierte Titel - und Warzone scheint mir jetzt schon am Rand der Überlastungsgrenze. Nehmen wir doch nur mal die Waffen.

Wir sind jetzt bereits bei über 80 Knarren im Warzone, die vielen Modifikationen, Blueprint-Varianten und Umbauten nicht einmal mitgerechnet. Auswahl ist zwar schön, aber irgendwann wird es unübersichtlich und vor allem schwierig mit der Balance, zumal es viele Modelle jetzt doppelt gibt: Habe ich gerade das AK-47 aus MW oder aus Cold War in der Hand? Das ist nicht nur für Neulinge verwirrend.

Hier liegen augenscheinlich zwei identische Waffen, doch weit gefehlt - ihre Stats unterscheiden sich stark. Die obere AK kommt aus Modern Warfare, die untere aus Cold War. Hier liegen augenscheinlich zwei identische Waffen, doch weit gefehlt - ihre Stats unterscheiden sich stark. Die obere AK kommt aus Modern Warfare, die untere aus Cold War.

Was bei einem so rasant wachsenden Arsenal alles schief gehen kann, zeigte jüngst die Integration von Black Ops Cold War: Die neu eingeführte DMR-14 stellte sich als viel zu stark heraus und sorgte nicht nur für eine gigantische Flut an hämischen Memes, sondern auch für realen Frust in der Community und ein weitreichendes Balance-Problem.

Und mit jeder neuen Ladung Waffen wird die Gefahr größer, dass das Gleichgewicht irgendwann völlig aus den Fugen gerät, zumal jedes CoD wieder andere Werte für Lebenspunkte, Schaden und TTK (Time to Kill) auffährt. Schon dieses Jahr wird Warzone mit dem nächsten CoD ganz sicher die Grenze von 100 Waffen sprengen. Eine stabile Balance wird mit jedem Release ein Stück unrealistischer.

Macht die Technik das mit?

Aber auch technisch wird bald zwangsläufig ein Limit erreicht sein, wenn Warzone mit immer neuem CoD-Inhalte vollgeschaufelt wird. Da wäre zum Beispiel das Problem mit den Engines: Weil an CoD drei Studios mit drei unterschiedlichen (und sich verändernden) technischen Grundgerüsten arbeiten, muss jedes Fahrzeug und jedes Item erstmal portiert werden, bevor es in Warzone landet.

Welche fürchterlichen Glitches dabei auftreten können, mussten wir zum Start der Season erfahren, als auf einmal unsichtbare Spieler ihr Unwesen auf Verdansk trieben (und die neuen bewaffneten Helikopter deaktiviert werden mussten).

Link zum Reddit-Inhalt

Die Integration von Waffen mutiert dabei für die Entwickler zur zeitfressenden Sisyphusarbeit, weil wesentliche Gameplay-Elemente komplett geändert werden müssen. Das Auflegen von Waffen aus Modern Warfare gibt es zum Beispiel in Cold War gar nicht, in Warzone allerdings schon. Also müssen für alle Waffen entsprechend Animationen eingebaut und neue Werte für die Rückstoßreduktion errechnet werden - eine weitere potenzielle Balance- und Bug-Falle.

Und während man sich in MW und Warzone beim Zielen hinlegen kann (bekannt als Dropshotting), geht das in Cold War nicht. Trotzdem wurden entsprechende Attachments für Warzone übernommen, die Dropshotting ermöglichen.

Fans nutzen also womöglich Aufsätze in Warzone, die absolut keinen Zweck erfüllen! Alle diese Dinge sind nur die Spitze des Eisbergs, wenn man versucht verschiedene Engines unter einen Hut zu bringen. Es ist ein Rennen, das die Entwickler irgendwann zwangsläufig verlieren werden. Gute Absichten hin oder her.

Warzone steht ohnehin nicht auf dem robustesten aller Standbeine - wer zum zwölften Mal wieder auf die Installation der Shader im Menü wartet, weiß wovon ich rede. So nimmt der Speicherhunger inzwischen absurde Züge an und dieses Problem wird mit jedem neuen integrierten Call of Duty buchstäblich immer größer. Um all das wirklich in den Griff zu kriegen, müssen die Studios immense Mengen an Zeit und Ressourcen in die Optimierung stecken, was zu Lasten der eigentlichen Inhalte gehen könnte.

Weniger Vielfalt wegen Warzone?

Aber auch umgekehrt könnte sich das Warzone-Prinzip auch negativ auf künftige Hauptteile der CoD-Reihe auswirken. Denn wenn in Warzone die Waffen jedes Spiels zusammenkommen, wären exotische Szenarien wie ein Sci-Fi-Setting in Zukunft quasi ausgeschlossen. Wer hätte schon Lust mit einem Revolver gegen einen Gegner mit Jetpack und Railgun anzutreten? Ich nicht. Will ein neues Call of Duty Teil von Warzone werden, muss es grob ins Szenario passen.

Das mag bei Cold War der Fall sein, aber wie würden hypothetische CoD-Titel im Wilden Westen, im Ersten Weltkrieg oder im Mittelalter da reinpassen? Mutiert Warzone dann zu einem bizarren Schmelztiegel verschiedener Zeitlinien? Zum Problem könnten auch neue Perks, Movement-Optionen oder Fahrzeuge werden, die einfach nicht zu Warzone passen wollen. Wie unglaublich wichtig Warzone aber inzwischen für die Marke ist, haben wir bereits vor dem Launch von Black Ops Cold War analysiert:

Warum Warzone die Zukunft von Call of Duty ist Video starten 21:37 Warum Warzone die Zukunft von Call of Duty ist

Sollte die künftige Entwicklung von Call of Duty also vor allem unter dem Gesichtspunkt der "Warzone-Kompatibilität" stattfinden (weil dort der größte Umsatz zu machen ist), wäre das eine potenzielle Bremse für Kreativität und Innovation in der Serie. Und dann wäre da noch der Faktor der Einsteigerfreundlichkeit.

Warzone ist auch deshalb so erfolgreich, weil es jeder einfach gratis herunterladen kann. Werde ich aber als Neuling mit einem hochkomplizierten Meta aus 120 Waffen und tausenden Attachments konfrontiert, ziehe ich mich womöglich schnell verschreckt in Richtung Apex Legends oder Fortnite zurück.

zu den Kommentaren (68)

Kommentare(59)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.