Die Sims 4 wird Free2Play und setzt damit ein Zeichen für die Zukunft

Das Basisspiel von Die Sims 4 wird überraschend kostenlos. Doch das sollten wir uns mal genauer anschauen - denn dahinter steckt mehr als nur ein geschenktes Spiel.

Am Mittwochabend stand auf meinem Schreibtisch im Büro ein mysteriöses Paket. Mit einem Kribbeln im Bauch riss ich es auf und hielt in meinen Händen … ein offizielles Sims-Kuschel-Lama. Und in exakt der Sekunde, als meine Hände sein weiches Fell berührten, rief Kollege Phil von gegenüber: »Die Sims 4 wird jetzt Free2Play!« 

Zufall? Ich glaube nicht. Ich denke, hier hat das Raum-Zeit-Lama-Kontinuum zu einem perfekten Schicksalsschlag ausgeholt. Das Lama ziert jetzt meinen Schreibtisch, zusammen mit meinem Batmobil. Und ich fühle mich ähnlich penetrant wie Nori aus Die Ringe der Macht mit dem Schicksal von Die Sims 4 verbunden. Deswegen muss ich natürlich einmal mit analytischem Blick auf das neue Free2Play-Modell schauen!

Was bedeutet die Ankündigung für die Zukunft von Die Sims 4? Schleicht sich hier ein neues Abo-Modell an? Welche Schlüsse können wir auf Die Sims 5 ziehen und ist das jetzt eigentlich eine gute oder schlechte Nachricht?

Géraldine Hohmann
Géraldine Hohmann

Redakteurin Géraldine ist den Sims hoffnungslos verfallen. So hoffnungslos, dass sie nicht nur alle Teile der Hauptreihe, sondern auch obskure Handheld-Ableger und Story-Adventures mit Freude verschlungen hat. Es gibt kein Spin-Off, kein Addon und kein Accessoire-Pack, zu dem sie keine Meinung hat. Man sollte sie also nie auf das Thema Sims ansprechen, wenn man nicht ein bisschen Zeit mitgebracht hat.

Was bedeutet das neue Free2Play-Modell genau?

Am 18. Oktober 2022 schlägt die große Stunde. Dann wird das Basisspiel von Die Sims 4 auf ewig für jeden gratis auf PC und Konsole spielbar sein. Das gilt aber natürlich nicht für die 55 Erweiterungen, Packs und Sets im Gesamtwert von 990 Euro. Und genau hier liegt das Lama begraben.

Natürlich gibt es für EA acht Jahre nach Release kein großes Risiko mehr, das Basisspiel für lau rauszuhauen. Im Jahr 2021 hatte Die Sims 4 laut EA-Finanzbericht bereits 36 Millionen Spielerinnen und Spieler in seinen Bann gezogen. Wer die Lebenssimulation in den letzten acht Jahren kaufen wollte, der hat es wohl bereits getan. Viele haben auch schon Gebrauch von den zahlreichen Sales oder Gratis-Aktionen gemacht, während derer man Die Sims 4 für ein kleines Taschengeld oder völlig umsonst abstauben konnte. Dazu kommt, dass das Spiel im Game Pass via EA Play ohnehin schon enthalten ist, ohne extra das Portemonnaie zücken zu müssen - ohne Addons, versteht sich.

Wer Die Sims 4 schon besitzt, der bekommt jetzt zur Entschädigung einige Goodies geschenkt. Käufer bekommen das neue Wüsten-Oasen-Set im Wert von 5 Euro, Abonnenten von EA Play kriegen das ältere aber sehr beliebte Erweiterungspack An die Arbeit dazu. Aber mal ehrlich: Die meisten aktiven Spielerinnen und Spieler werden dieses essenzielle Addon bereits ihr Eigen nennen.

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Diese Aktion ist also nicht für aktive Fans gedacht. Im Gegenteil: Sie will neue Fans gewinnen. Und neue zahlende Kunden anlocken, die durch das Basisspiel angefixt werden und ihr Geld für die 55 Addons auf den Tisch legen. Der Umsatz mit DLCs ist laut aktuellem EA-Geschäftsbericht nämlich im vergangenen Jahr erstmals gesunken - nachdem er den Marktforschern von Superdata zufolge von 2019 auf das Pandemie-Boomjahr massiv gestiegen war, von 311 auf 462 Millionen Dollar.

Gut möglich, dass Electronic Arts ohne die durch Corona-Lockdowns gesteigerten Absatzzahlen schon früher zur Free2Play-Umstellung gegriffen hätte - die Pläne dafür dürften schon ein paar Jahre in den Konzernschubladen gelegen haben.

Angesichts der nun sinkenden Erlöse müssen also neue, zahlende Kunden gewonnen werden. Denn für EA sind diese sogenannten »Live-Service-Umsätze« inzwischen lebenswichtig und ein rasantes Wachstumsgeschäft, über 71 Prozent der Konzerneinnahmen stammen von Mikrotransaktionen, DLCs & Co. - allem voran von FIFA Ultima Team, Madden Ultimate Team und Apex Legends, aber eben auch von Die Sims 4. Da gibt man sich nicht einfach mit einem Rückgang zufrieden.

Soweit, so klar. Aber steckt womöglich noch mehr dahinter?

Hinweis auf einen größeren Plan?

Über das Bezahlmodell von Die Sims wird wahrlich nicht zum ersten Mal diskutiert. Klar ist: EA kann in Zukunft nicht mehr so weiter machen. Fans der Reihe haben vermutlich schon viel Geld in die Addons der Vorgängerteile gesteckt, nur um im nächsten Teil wieder bei null anzufangen.

Sage und schreibe vier Jahre mussten wir bei Die Sims 4 auf Haustiere warten und noch ein weiteres Jahr auf Jahreszeiten. Als wir unsere Sims fünf Jahre nach Release endlich an die Uni schicken konnten, waren die schon lange im Rentenalter und haben sich an ihren »Romantischen Garten-Accessoires« ergötzt. 

Die Bereitschaft sinkt zunehmend, wieder viele hundert Euro für essenzielle Features einer Lebenssimulation auszugeben, während mehr und mehr bedeutungslose Lückenfüller erscheinen. Wenn Die Sims 5 so weitermachen sollte, wird die Stimmung kippen. 

Deswegen vermute ich, dass EA aktuell mit verschiedenen Modellen experimentiert und Die Sims 4 könnte hier zum Versuchskaninchen werden. Im Podcast über Die Sims 5 haben wir bereits vermutet, dass in Zukunft ein Abo speziell für Die Sims geplant sein könnte, das aktuelle und kommende Addons mit einschließt, ähnlich wie Paradox es mit seinen Strategiespiel-Abos für Europa Universalis 4 und Hearts of Iron 4 aktuell vorlebt. Das ließe sich sogar in mehrere Abo-Typen einteilen, die dann nur Erweiterungen oder zusätzlich auch Gameplay-Packs, Accessoires-Packs und Sets enthalten würden.

Link zum Podcast-Inhalt

Möglich, dass die Umstellung von Die Sims 4 auf Free2Play ein erster Schritt in Richtung dieses Experiments ist. Sollte das Modell angenommen werden, könnte EA das als Präzedenzfall für ein kommendes Die Sims 5 verwenden. 

Das wiederum wurde mit der Free2Play-Ankündigung nicht unbedingt still und heimlich in eine noch fernere Zukunft geschoben. Zwar kündigte EA gleichzeitig an, Die Sims 4 noch lang mit Addons und Updates zu unterstützen - aber vor kurzem war auch die Rede davon, dass der aktuelle Teil und »die Zukunft des Franchises« eine Weile koexistieren könnten. Was ich davon erwarte, kann ich euch bereits in meiner Kolumne zu dem Thema verraten:

Kurzum: Die Free2Play-Ankündigung ist ein Experiment. Ob es nun nur darum geht, dass mehr Leute Geld für Addons ausgeben oder ob das Ganze tatsächlich der erste Schritt in Richtung Sims-Abo ist. Ich möchte hier als langjähriger Fan keinesfalls undankbar wirken, immerhin geht es augenscheinlich erstmal nur darum, etwas zu verschenken. Aber manchmal muss man einem geschenkten Lama eben noch ins Maul gucken … so sagt man doch, oder?

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