Eigentlich wäre es unfair, Ghost Recon: Wildlands als Aufhänger für meine nostalgische Shooter-Meckerei zu benutzen. Schließlich habe ich mit dem Open-World-Geballere jede Menge Spaß. Aber es soll schließlich um Taktik-Shooter gehen - was wäre da ein besserer Einstieg als eine altbewährte Taktik-Marke? Hm. Dann nehme ich einfach den Vorgänger: Als Ghost Recon: Future Soldier 2012 mit seinen Michael-Bay-Feuerwerken, Rail-Shooter-Passagen und ballerwütigen Helden erschien, hat mich das Spiel extrem bockig gemacht. Und diese Bockigkeit hält bis heute an!
Denn ich vermisse die guten alten Taktik-Shooter, die ich mit Freunden gemeinsam anpacken und auf viel zu langen LAN-Partys durchprügeln konnte. Erinnern Sie sich an Swat 4? An Rainbow Six 3: Raven Shield? Und selbst an das eher action-geladenere, aber doch taktischen Ghost Recon: Advanced Warfighter? Da musste man gemeinsam um jede Ecke lugen, Rollenverteilungen absprechen, ideale Ausrüstung vorbereiten und sich die Zähne an den Gegnern ausbeißen. Schließlich war man nach ein, zwei Treffern hinüber.
Eine gelungene Geiselbefreiung nach ebenso gelungener Taktik-Phase in Rainbow Six gehörte zu den krönendsten Erlebnissen meiner Shooter-Karriere! Oder ein erfolgreicher Lauf in Swat 4, bei dem man im Koop den Großteil der Gegner tatsächlich zur Aufgabe »überredet« hat, statt allen einfach in den Kopf zu schießen. Pfefferspray sei dank!
Ghost Recon: Future Soldier war 2012 für mich der spielgewordene Abgesang auf diese Ära knallharter Kampagnen-Shooter. Und auch wenn Rainbow Six: Siege (das ich privat ununterbrochen spiele) die Taktik-Komponente in den Multiplayer transportiert, dauert diese Flaute im Singleplayer (beziehungsweise Koop) doch bis heute an.
Es gibt schlicht keine Anlaufstelle mehr für die alten Rainbow- und Ghost-Recon-Hasen, für Fans von Swat 4 und Co. Neuere Titel wie Takedown: Red Sabre sind bei den Kritikern abgeraucht, moderne Ghost Recons richten sich schlicht an ein anderes Publikum.
Die Zeit ist reif, oder?
Und um hier direkt ein Missverständnis aus der Welt zu räumen: Natürlich gibt es Hardcore-Shooter wie Arma 3 oder Escape from Tarkov, das ist mir schon klar (schließlich habe ich sogar ein Video darüber gemacht). Aber Militärsimulationen zähle ich zu einer anderen Kategorie, die alten Rainbow-Six- und Ghost-Recon-Teile sind für mich eher das, was Forza 6 für Rennspiele darstellt: Ein um Realitätsnähe bemühtes Spiel, das zwar knallhart sein kann, aber am Ende des Tages trotzdem Spielbarkeit über Simulationstreue stellt. Ein schmaler Grat, der wie auf mich zugeschnitten scheint.
Für sowas muss heutzutage einfach wieder Platz sein. Ich meine, kommt schon, liebe Entwickler: Es erscheinen Nachfolger zu Planescape Torment, geistige Fortsetzungen zu Baldur's Gate, und dann gibt's da auch noch dieses kleine Spiel, das sich an Wing Commander orientiert. Sternenbürger oder so. Sperrigkeit geht als Argument also nicht (mehr) durch, schließlich wird heuzutage mit so vielen vermeintlich antiken Spielideen erfolgreich experimentiert.
Klar, das mag mein Wunschdenken bleiben, aber umso wichtiger ist mir, hier nochmal zu konstatieren: Swat 4 und die alten Rainbow- und Recon-Teile waren und sind eine großartige Bereicherung für das Shooter-Genre, sie haben für unzählige spannende Erlebnisse mit Freunden gesorgt und bleiben ein heißgeliebtes und wichtiges Subgenre. Wenn jetzt tatsächlich wieder jemand einen erfolgreichen Taktik-Shooter macht und alle Publisher über dessen Erfolg bei den Fans überrascht sind, dann werde ich nach diesem Artikel zumindest stolz mit dem Finger wedeln und mokieren: Ich hab's euch ja gesagt!
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