Seite 4: Kingdom Come: Deliverance - Die Reaktion auf die Rassismus-Vorwürfe

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Unser GameStar-Fazit zu der ganzen Debatte

Ein Medium kann die Wirklichkeit nie genau so einfangen, wie sie ist. Wer uns das nicht glaubt, kann gerne mal die Dokumentarfilmer fragen. Mit diesem Problem schlagen die sich nämlich seit vielen Jahrzehnten herum. Sobald man die Kamera auf etwas richtet, trifft man eine Auswahl, beeinflusst das Gefilmte, klammert bestimmte Dimensionen aus - selbst eine versteckte Kamera fängt keine Gerüche ein, ignoriert bestimmte Töne, ist alles andere als perfekt. Filmschulen haben mit Stoßrichtungen wie Direct Cinema und Cinema Verite versucht, dieses Problem clever zu umgehen - aber immer wieder stießen sie an Grenzen bei der Darstellung »authentischer Wirklichkeit«. Und das ist nur ein Beispiel unter vielen.

Beim Storytelling ist es genauso. In dem Moment, in dem man eine Geschichte erzählt, trennt man das Erzählte vom ungefilterten Geschehen. Man wählt einen Handlungsstrang aus, streicht bestimmte Aspekte weg oder schiebt sie in den Hintergrund. Eine Geschichte ist niemals Wirklichkeit. Und wenn man sie über eine Epoche wie das Mittelalter erzählt, in dem die historische Überlieferung diverse Lücken aufweist, dann wird dieses »Problem« nur noch größer.

Kingdom Come: Deliverance versetzt uns ins Böhmen des 15. Jahrhunderts, einige Jahre vor den Hussitenkriegen. Kingdom Come: Deliverance versetzt uns ins Böhmen des 15. Jahrhunderts, einige Jahre vor den Hussitenkriegen.

Die spannende Frage ist also nicht, ob Kingdom Come: Deliverance mit seinem Plot rund um Schmiedejüngling Henry das Mittelalter exakt so darstellt, wie es wirklich war. Nein, wird es nicht. Behauptet Warhorse auch nicht. Wir dachten immer, das werde in unserer Berichterstattung deutlich, aber wir betonen es hier gerne erneut.

Viel interessanter als das »Ob« ist also das »Wie?« - und hier werden wir das fertige Spiel natürlich unter die Lupe nehmen, so wie wir das immer tun. Nur weil wir den Realismus-Anspruch beim Essen, Schlafen, Kämpfen, Saufen und der Darstellung von Kirchen, Dörfern und Wäldern in unserer Berichterstattung aufgreifen, plappern wir keiner Ideologie nach. Denn umgekehrt macht das Weglassen von einigen Wäldern und Dörfern innerhalb der Spielwelt aus Daniel Vavra keinen Hass-Prediger.

In dieser ganzen Debatte verbleiben diverse Fragezeichen. Beide Seiten liefern eher Indizien als Beweise. Die »Likes« auf Vavras YouTube-Profil konnten wir beispielsweise nicht nachprüfen, weil sie mittlerweile nicht mehr einsehbar sind. Wie die Kumanen im Spiel dargestellt werden, ebenfalls noch nicht. Umgekehrt bleibt der Beweis aus, ob das Burzum-Filosofem-Shirt tatsächlicher Ausdruck von Vavras Ideologie ist - oder ob hier einfach »nur« ein Fan eines Albums sich nicht mit dessen problematischem Kontext befasst hat und sich deshalb auch nicht der Wirkung dieses T-Shirts bewusst war.

Aber wir können euch versichern, dass wir im Umfeld des Releases von Kingdom Come mit unabhängigen Historikern über die ganze Geschichte sprechen werden. Das tun wir nicht, um uns gegenüber Kingdom Come politisch zu positionieren. Aber wir informieren euch über die Ergebnisse, damit ihr euch eine eigene Meinung bilden könnt. Entscheidet selbst, ob ihr den Künstler von der Kunst trennen wollt, ob das für euch überhaupt notwendig ist und ob ihr das Mittelalter von Deliverance als Spielwiese akzeptiert.

Auf den nächsten beiden Seiten stellen wir euch außerdem die kompletten Statements von Martin Klima und Daniel Vavra zur Verfügung - ganz ohne unsere Einordnung.

GameStar-Podcast: Politik in Spielen

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