Das erste Rollenspiel, in das ich mich Hals über Kopf verliebt habe, war Ultima 6 auf dem Commodore 64. Der Witz an der Sache: Mit 13 Jahren verstand ich maximal die Hälfte von dem, was auf dem Bildschirm passierte. »Thou dost see a portion of meat.«
Hä? An ein Eintauchen in die Dialoge, geschweige denn dem Lösen der Hauptquest war mit meinen rudimentären Englischkenntnissen nicht zu denken. Und trotzdem habe ich stundenlang die pixelige Umgebung erkundet, mich wie ein - nunja - kleines Kind an jeder neuen Entdeckung erfreut. Das erste selbstgebackene Brot zählt zu den prägendsten Erinnerungen meiner Spielerkarriere.
Rückkehr des Oldschool-Giganten: Unsere Titelstory zu Pillars of Eternity 2
Zehn Jahre später habe ich meinen Nachbarn, einen Informatik-Studenten, dazu angestiftet, für mich die in 2D gerenderte Stadt Athkatkla aus Baldur's Gate 2 raus zu extrahieren und als Poster auf einem Plotter der Universität auszudrucken. Der daraus resultierende Wandschmuck war mein größter Stolz. Gut, bei den Mädels kam er nur so mittel an, aber das ist hier nicht das Thema.
Die Gegenmeinung:Bei Sandro sind es die Oldschool-RPGs, die nur so mittel ankommen
Über den Autor
Seit 1991 und Ultima 6 liebt Heiko Rollenspiele in allen Geschmacksrichtungen. Egal ob actionlastig oder kampfbetont, egal ob klassische Mittelalter-Fantasy oder JRPG. Zuletzt hat er weit über 100 Stunden in Xenoblade Chronicles 2 auf der Nintendo Switch versenkt, das ihn vor allem mit seiner großartigen Geschichte nachhaltig beeindruckt hat. Jetzt darf es aber gern wieder etwas Klassisches sein, weshalb er den Release von Pillars of Eternity 2 kaum erwarten kann.
Das Thema ist, dass Rollenspiele wie Ultima 6 und Baldur's Gate 2 bei mir etwas geschafft haben, an dem in den folgenden Jahren die meisten »moderneren« RPGs gnadenlos gescheitert sind. Sie haben meine Fantasie derart angeregt, dass ich mich in ihren Welten komplett verlieren konnte.
Denn mit meiner Fantasie kann keine Prachtgrafik der Welt mithalten. Deshalb brauche ich weder opulente 3D-Technik noch ausufernde Zwischensequenzen. Gut geschriebene Texte, interessante Situationen und vor allem ein durchdachtes Regelwerk reichen vollkommen aus, damit in meinem Kopf die spannendsten Abenteuer entstehen.
Rollenspiele sind vor allem Kopfsache
Und je mehr mir Rollenspiele diese Kopfarbeit abnehmen, desto weniger Eindruck hinterlassen sie bei mir. Mein Lieblingsbeispiel für diese These ist die Entwicklung von Bioware. Mit nahezu jedem Spiel seit Baldur's Gate 2 haben sie mehr inszeniert, mehr in die Technik investiert. Aber eben mich auch immer mehr geführt und immer mehr das Regelwerk vereinfacht. Und so bei mir immer mehr das Gefühl hervorgerufen, dass ich immer weniger mein eigenes Abenteuer erlebe, sondern das von Bioware.
Das neue Bioware:Warum Maurice ihnen Mass Effect nie verziehen hat
Ist ja auch logisch: Eine perfekt animierte 3D-Liebesszene verschlingt nun mal ein Vielfaches mehr an Ressourcen als eine Textromanze. Welches Spiel kann mir wohl mehr Handlungsspielraum bieten, wenn es um die Beziehungen zwischen den Spielcharakteren geht?
Natürlich habe auch ich hunderte Stunden in The Witcher 3 versenkt und jede einzelne Sekunde davon genossen. Aber es war eine völlig andere Form des Genusses, als ich sie aktuell in Divinity: Original Sin 2 erlebe. Die Oldschool-Renaissance hat die Fantasie und Vielfalt in mein Lieblingsgenre zurückgebracht; und das komfortabler, durchdachter, hübscher und - ja - auch moderner, als ich mir es bei meinen ersten Abenteuern in Ultima 6 jemals hätte erträumen können. Und dafür bin ich Studios wie Larian, inXile und Obsidian unendlich dankbar.
Das nächste große Rollenspiel: Unsere große Titelstory zu Kingdom Come
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.