Mein neues Lieblingsspiel habe ich dreimal in Folge durchgezockt - und noch immer nicht genug

GameStar-Redaktionsleiter Dimi hat sein Spiel des Jahres schon gefunden - obwohl er es anfangs lahmer fand als seine Steuererklärung.

Dimi sollte für dieses Teaserbild Freude ausdrücken. Er hat sich günstigere Mieten in München vorgestellt. Dimi sollte für dieses Teaserbild Freude ausdrücken. Er hat sich günstigere Mieten in München vorgestellt.

Okay, Hosen runter, Karten auf den Tisch: Manchmal liege auch ich falsch. Zum Beispiel habe ich mich monatelang geweigert, meinen ersten Pubertätsflaum zu rasieren und lief ewig rum wie ein 13-jähriger Tom Selleck. Oder diese Phase, in der ich Baggy Pants für eine gute Idee hielt ... uff.

Auch bei Armored Core 6 lag ich falsch. From Softwares großer Seitensprung - ein Actionspiel mit Mechs, Raketen und einer eisigen Sci-Fi-Postapokalypse - ließ mich in den ersten Stunden sowas von kalt, gerade im Vergleich zur Intensität eines Dark Souls oder Bloodborne!

Da rumpelt mein gesichtsloser Robo durch eine karge Fels- und Eislandschaft nach der anderen, verschießt ein bisschen Feuerwerk, danach hagelt es Moneten und einen drögen Funkspruch und der ganze Prozess wiederholt sich. Meh.

Während also mein Kollege Martin Seng vor ein paar Wochen am GameStar-Test zu Armored Core 6 tippt, schreibe ich ihm als Feedback zum Spiel ein fettes Naja, ich weiß ja nicht.

Und dann änderte sich alles.

Dimitry Halley
Dimitry Halley

2023 ist ein schreckliches Jahr für GameStar-Redaktionsleiter Dimi. Seine Spieleliste platzt aus allen Nähten - Baldur's Gate 3, Starfield und das neue Zelda hat er noch nicht mal angefangen, während er sich abrackert, in Call of Duty, Battlefield, Hunt und Co. nicht den Anschluss zu verlieren. Aber Armored Core 6 macht keine Gefangenen und hat Dimis Herz derart erobert, dass kein anderes Spiel mehr wichtig schien.

Ich bin verliebt

Vor wenigen Tagen habe ich Armored Core 6 zum dritten Mal in Folge durchgespielt, sämtliche Missionen abgeschlossen, alles im Spiel gesehen. In meiner Brust herrscht diese gähnende Leere, die man oft nach guten Büchern, Filmen oder Spielen verspürt. Wehmut darüber, dass sich mein Gedächtnis nicht löschen lässt und ich damit leben muss, die Erfahrung Armored Core nie wieder neu erleben zu können.

Sonst würde ich sofort meinen vierten Durchlauf starten!

Armored Core 6 - Test-Video zum neuen Action-Feuerwerk von From Software Video starten 19:27 Armored Core 6 - Test-Video zum neuen Action-Feuerwerk von From Software

Ähnlich wie Bart Simpson mit Ralph Wiggums gebrochenem Herzen kann ich euch exakt die Sekunde zeigen, in der ich mich in Armored Core verliebt habe. Die elfte der insgesamt 59 Missionen des Spiels zwingt mich mal wieder, eine recht langweilige Ansammlung von feindlichen Mechs zu zerpflücken, danach zerstöre ich einen Generator mit ein paar popeligen Schüssen und noch während ich gähne, fliegt mir das Ding um die Ohren.

Es folgt eine kurze Zwischensequenz, mein angeschlagener Mech rettet sich in strömendem Regen auf eine gigantische Dachplattform. Aus der Ferne rauscht ein unbekannter feindlicher Robo heran, ich denke mir nichts dabei. Plötzlich erhellen Raketen die verregnete Nacht. Der Feind - Balteus - verschießt ähnlich wie die persische Armee im Film 300 einen Geschossregen, der den kompletten Horizont umschließt, während mir eine unbekannte Frauenstimme Bitte Raven, du musst das gewinnen ins Ohr flüstert.

Ich bin in Sekunden tot. Und nein, ich juble hier jetzt nicht über den Schwierigkeitsgrad, Armored Core 6 ist kein Dark Souls. Der Balteus-Kampf ist nur schlicht der absolut beste, fetzigste, musikalisch packendste Bosskampf, den ich seit Genichiro aus Sekiro erlebt habe. Leider lässt sich das via Video lange nicht so intensiv erleben wie mit dem Gamepad, aber ihr könnt trotzdem mal schauen:

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In diesem Moment wusste ich, dass in Armored Core 6 mehr steckt als nur ein plumpes Actionspiel. Denn plötzlich hatte ich so viele Fragen.

Mehr als ein Actionspiel

Ich könnte jetzt stundenlang schwärmen, wie spaßig all die anderen Bosskämpfe in Armored Core 6 sind. Wie tief man sich reinfuchsen kann in die Myriaden Bauteile, aus denen ich mir meinen Traum-Mech zusammenbastle. Armored Core 6 bietet fantastisches Action-Gameplay, es ist ein feuchtes Träumchen für Gundam-Fans.

Aber das könnt ihr alles im Test und/oder Testvideo nachschauen.

Worüber hingegen kaum gesprochen wird: Armored Core 6 erzählt eine fantastische Geschichte. Wer sich die Mühe macht, all die langweilig präsentierten Funknachrichten im Kopf mit ein bisschen Leben zu ergänzen, entdeckt eine unheimlich düstere, spannende Science-Fiction-Welt aus gierigen Konzernen, verzweifelten Widerstandskämpfern, aus Verrat, uralten Geheimnissen.

Hinter jedem Boss von Armored Core steckt irgendeine interessante Geschichte. Souls-Fans kennen das. Hinter jedem Boss von Armored Core steckt irgendeine interessante Geschichte. Souls-Fans kennen das.

Das Spiel wirft moralische Fragen auf, zwingt mich zu schwierigen Entscheidungen, weil zum Beispiel die mächtige Ressource, die alle im Spiel jagen, ein lebendiges Wesen ist.

Armored Core 6 ist kein Dark Souls - und das ist gut so

Armored Core 6 ist wie gesagt kein Dark Souls, ihr müsst keine Bibliothek wälzen und stundenlange Videos studieren, um die Story zu verstehen. Aber trotzdem offenbart sich die ganze Wahrheit hinter der Balteus-Mission erst nach dem dritten Durchspielen. Mit jedem neuen Durchgang schalte ich ein neues Ende frei, bis sich letztlich der wahre Strippenzieher hinter den Katastrophen auf dem Planeten Rubicon offenbart.

Alleine aus der Balteus-Mission entspinnen sich so viele interessante Fragen: Wer ist die Stimme in meinem Kopf? Für wen arbeitet Balteus? Was ist diese Coral-Substanz, die alle haben wollen, wirklich? Warum drücken mir die Gegner in der Mission Mitleid wegen meiner Verbündeten aus? Was geht hier eigentlich ab?

Und jede Antwort, die ich gefunden habe, wirft weitere Fragen auf, bis ich am Ende einer überraschend tiefen Verschwörung auf die Schliche komme.

Bei Spielen von From Software darf man das eigentlich nicht sagen, weil die Fans sonst sofort mit Estus-Flaschen werfen, aber ich bin fast ein wenig traurig, dass Armored Core 6 so sauschwierig ist und keine anpassbaren Schwierigkeitsgrade bietet. Die Härte halte ich anders als bei Dark Souls für gar nicht so wichtig, um die Essenz des Spiels zu begreifen.

Und ich wünsche möglichst vielen Leuten, meine unglaubliche Reise ebenfalls erleben zu können. Deshalb: Gebt dem Spiel vielleicht trotz der hohen Hürden eine Chance. Mich hat ewig kein Erlebnis mehr so beeindruckt.

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