Yakuza 0 im Test - Singen, Prügeln, Gangstern

Auf Konsolen hat die umfangreiche Ganoven-Saga eine treue Fangemeinde. Nun kommen auch endlich PC-Spieler in den Genuss dieser sonderbaren Mischung aus toll geschriebenen Drama und völlig kuriosem Schwachsinn.

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Yakuza 0 ist der chronologisch erste Teil, in dem Kiryu permanent Leuten aufs Maul haut. Yakuza 0 ist der chronologisch erste Teil, in dem Kiryu permanent Leuten aufs Maul haut.

Die Yakuza-Reihe ist schon merkwürdig. Auf der einen Seite erzählen die Action-Adventures die ziemlich ernste Lebensgeschichte rund um Kleingangster Kazuma Kiryu, ein ruhiger Mann mit ausgeprägtem Gewissen. Zwar gerät er immer wieder zwischen die Fronten von Bandenkriegen oder Verschwörungen mit der örtlichen Polizei.

Doch sein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit sowie sein gutes Herz machen ihn trotzdem zu einem moralischen Kompass für seine Mitmenschen. Das zeigt sich in ausufernden Zwischensequenzen, die in ihrer Länge Metal Gear Solid Konkurrenz machen. Yakuza 0 ist ein Prequel zu allen Spielen der Reihe, die bislang nur für PlayStation-Konsolen erschien.

Plus-Video:Warum Yakuza kein "Japan-GTA" ist

Angelegt in den 80ern erzählt es von den jungen Jahren Kazumas und seinem dezent wahnsinnigen Rivalen Goro Majima - und ist somit der perfekte Einstieg für Serienneulinge und PC-Spieler, die schon lange neugierig auf die Konsolen-Yakuzas schielen. Beide Charaktere haben einen eigenen Handlungsstrang, der abwechselnd fortgeführt wird. In den letzten Kapiteln fließen beide zusammen.

Gegensätze ziehen sich an

Auf der anderen Seite ist Yakuza Zero aber auch dieses völlig bekloppte Spiel mit massenhaft coolen Ideen, die im totalen Kontrast zur ernsten Handlung stehen. Hauptschauplätze sind die fiktiven Stadtviertel Kamurocho und Sotenbori, durch die ihr euch wie in einem klassischen Action-Adventure bewegt. Ihr erfüllt Fetch-Quests, sprecht mit diversen NPCs und prügelt euch zwischendurch mit anderen Kleinganoven auf der offenen Straße.

Yakuza Zero - Screenshots ansehen

Oder in Gebäuden, denn viele der Geschäfte und Büros in den Vierteln sind betretbar. Dort verbergen sich auch Freizeitaktivitäten wie Karaoke oder Tanzspiele. Goro kann sogar einen Cabaret-Club gründen, während Kazuma ein Maklerbüro übernehmen darf - kleine Wirtschaftssimulationen innerhalb des Spiels. Und das ist bloß an der Oberfläche gekratzt: Fischen, Slotcar-Rennen, Frauen-Wrestling, Baseball, Telefonsex - das alles sind kleine Mini-Spiele, die manchmal überraschend komplex sind.

Sogar komplett emulierte Sega-Klassiker wie Outrun oder Space Harrier stehen in den Spielhallen. Es gibt viel zu tun in den Vierteln, und all diese Aktivitäten sind auf wunderbar übertriebene Art »videospielig« dargestellt: exzentrische Soundeffekte, epische Kamerawinkel, manchmal sogar grotesker Humor.

Kämpfen als Dauerbeschäftigung

Das gilt auch für die zahlreichen Kämpfe. Viele davon sind optional und der Spieler kann ihnen aus dem Weg gehen. Aber warum sollte man? Die Brawling-Action ist so auf den Punkt, wie man es selbst auf Konsolen kaum besser kennt. Kazuma und Goro können während des Kampfes zwischen unterschiedlichen Stilen wählen, es gibt unzählige Combos zum Freispielen und das Wichtigste: Alles hat den richtigen Wumms!

In Bewegung wirken die urbanen Areale sehr lebendig und atmosphärisch, die Beleuchtung vermittelt viel Flair. In Bewegung wirken die urbanen Areale sehr lebendig und atmosphärisch, die Beleuchtung vermittelt viel Flair.

Die normalen Attacken sind schon deftig, aber löst ihr erst einmal einen Sonderangriff (Heat Action) aus, tut schon das Zuschauen weh. Dabei bezieht der Held die Umgebung mit ein und es wird ein Fahrrad in den Schritt gerammt, Köpfe gegen Scheiben geschmettert oder Zähne mit Reklametafeln herausgeschlagen.

Verrückt: Obwohl diese Gewalt sogar in Zeitlupe zelebriert wird, stirbt nicht ein einziger Mensch. Die Gegner kauern am Ende der Klopperei lediglich jammernd am Boden und bereuen, heute aus dem Bett gestiegen zu sein. Aber Videospiellogik sei Dank kommen sie mit einem, naja, zwei blauen Augen davon.

Zeit ist Geld

Diese kuriose Mischung aus Kämpfen, ellenlangen Zwischensequenzen und Minispielen funktioniert bei der Yakuza-Reihe seit eh und je, und Zero ist da keine Ausnahme. Das Spiel nimmt seine Charaktere ernst und erzählt herzerwärmende, mitreißende, menschliche Geschichten, vergisst dabei aber trotzdem nicht ein unterhaltsames Videospiel zu sein.

Aber obwohl es später im Spiel auch viele Phasen mit viel Freiraum gibt, werden sich PC-Spieler durch die lange Einführung zu Beginn durchbeißen müssen. Japanische Konsolenspiele haben oft lange Prologe, die auch mal bis zu zwei Stunden gehen können. So lange dauert es auch, bis Yakuza Zero sich endlich entfaltet. Zu Beginn gibt es viel Handlung, viele Tutorials und viel Händchen halten. Das ist gerade für Einsteiger eine gute Sache, aber man sollte wissen, dass man nicht mal eben »für zehn Minuten reingucken kann«.

Die Spezialeffekte der Konsolenversion sind erhalten geblieben. Neben ausufernden Partiken gibt es auch Unschärfen- und Fokuseffekte. Die Spezialeffekte der Konsolenversion sind erhalten geblieben. Neben ausufernden Partiken gibt es auch Unschärfen- und Fokuseffekte.

Generell beansprucht das Spiel Zeit, wenn man aus allen Aktivitäten und den Fähigkeiten der beiden Yakuzas alles herausholen möchte. Die Währung ist hier schlicht Geld. Das bekommt ihr für fast alles, was ihr im Spiel tut. Davon lassen sich dann neue Kampf-Moves für Kazuma und Goro kaufen, oder heilende Nahrung in den zahlreichen Supermärkten und Restaurants.

Die Nebenaktivitäten können so oft gespielt und ausgebaut werden, bis aus ihnen eine lukrative Geldeinnahmequelle wird. Plötzlich fühlt sich Yakuza Zero dann wie ein Rollenspiel an. Natürlich könnt ihr aber auch endlos durch die Straßen streifen und ständig Gangster verprügeln, das bringt ebenfalls Kohle.

Saubere PC-Portierung

Der PC-Port macht seine Sache dabei gut. Eine große Schwäche der Konsolenversionen ist die fehlende Kantenglättung. Das macht gerade die Neonreklame-Tafeln aus der Distanz sehr unruhig und einige Texturen wie die einer Ziegelsteinmauer verwischen nach ein paar Metern. Dieses Problem gibt es auf dem PC nicht, da bis zu 8x SSAA eingeschaltet werden kann. Ein Mittelklasse-PC kommt dann mit maximalen Grafikdetails zwar schon etwas ins Straucheln, aber selbst bei 4x SSAA ist das Bild nun angenehm ruhig.

Die Polygonobjekte sind an sich nicht besonders detailliert. Die Geometrie wird bewusst klarer gehalten, um Texturen den Vorzug zu geben und das funktioniert ganz ordentlich. Das sieht man etwa an Orten wie Supermärkten, wo jedes Objekt im Regal detailliert wirkt. Klar, es gibt manche Szenen, die für PC-Verhältnisse eher schlicht anmuten.

Die zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten bei den Grafikoptionen lassen keine Wünsche offen. Die zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten bei den Grafikoptionen lassen keine Wünsche offen.

Zum Beispiel in manchen Dialogen, in denen die Charaktere lediglich vor einer flachen Wand sitzen, aber das Gesamtbild überzeugt. Die Beleuchtung ist am Tag, vor allem aber bei Nacht ungemein atmosphärisch, um diese Zeit durch das belebte Kamurocho oder Sotenbori zu streifen wirkt authentisch. Kurz: Wir sind überrascht, wie gut das ursprünglich für Playstation 3-entwickelte Spiel (ja, PS3!) noch aussehen kann.

Neben etlichen Grafikeinstellungen, die das Spiel auch auf schwachen Rechnern zum Laufen bringen, gibt es Unterstützung für alle möglichen Bildschirmauflösungen. Für die brachiale Brawling-Action sind auch die Steuerungsoptionen erfreulich: Wir haben die Steam-Controller von Valve, den der PlayStation 4, der Xbox One und den Pro-Controller der Nintendo-Switch ausprobiert und es ließ sich mit allen ausgezeichnet spielen.

Die Tastenbelegung könnt ihr selbst konfigurieren, und selbst mit Maus und Tastatur ist das Spiel durchaus bedienbar. Ideale Voraussetzungen also für den Einstieg in die Yakuza-Reihe auf dem PC.

Keine Angst vor Yakuza auf dem PC - Michi erklärt den Reiz des vermeintlichen »Japan-GTAs« - GameStar TV Video starten 15:21 Keine Angst vor Yakuza auf dem PC - Michi erklärt den Reiz des vermeintlichen »Japan-GTAs« - GameStar TV

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