Seite 2: Call of Duty: Modern Warfare - Ein Shooter, der weh tun will

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»Sie haben die richtige Entscheidung getroffen«

Einer unserer Gefährten wird angeschossen, die Kameraden tragen ihn raus, wir stoßen weiter vor durch dieses extrem enge Haus. Ein Terrorist nimmt eine Frau als Geisel, um sich zu schützen. Mit schnellem Kopfschuss entschärfen wir die Situation, die Gerettete greift jedoch ebenfalls zur Waffe, wir müssen reagieren. Eine andere Terroristin hält ihr eigenes Baby vor sich - und ganz zum Schluss stellen wir im Dachgeschoss die Anführerin der Bande. Sie ist unbewaffnet, greift aber plötzlich hinter sich.

Das Nachtsichtgerät soll im Spiel zu einem nützlichen taktischen Utensil werden. Das Nachtsichtgerät soll im Spiel zu einem nützlichen taktischen Utensil werden.

Unsere Figur schickt sie mit einem Kopfschuss zu Boden. Wir überprüfen die Lage, sie wollte wohl einen Bombenzünder aktivieren. Captain Price tritt an unsere Seite, beruhigt die Situation: »Sie haben die richtige Entscheidung getroffen.« Nur fühlt es sich nicht so an.

Die Townhouse-Mission sieht nach Call of Duty aus, keine Frage. Man arbeitet sich linear von Raum zu Raum, legt an, schießt los, greift nach neuen Waffen, wenn keine Zeit zum Nachladen bleibt. Das Verhalten der Gegner wurde wahrscheinlich geskriptet, echte Taktik scheint nicht nötig - an der Gameplay-Front bleibt der Modern-Warfare-Schuster also bei seinen Leisten. Zumal es auch Aufträge geben soll, die noch klassischer wie Call of Duty wirken - also semi-große Schlachtszenarien, in denen man gegen mehr Feinde antritt.

Zwischen Badass und Gräueltat

Aber die Wirkung der London-Mission geht in eine völlig andere Richtung als frühere CoD-Missionen. Obwohl unsere Hauptfigur laut Entwickler immer noch die klassische Badass-Fantasie verkörpern soll, bildet sich beim Zuschauen ein Kloß im Magen. Die Nachtsicht-Aufnahmen wirken aus der Ego-Sicht wie GoPro-Mitschnitte eines Dokumentarfilms, die klaustrophobisch engen Räumlichkeiten des Londoner Hauses imitieren eine ziemlich glaubwürdige Kulisse.

Taylor Kurosaki, der Story-Schreiber hinter Modern Warfare, verrät uns im Interview:

"Jeder Schuss, den man abgibt, soll sich wichtig anfühlen. Wir wollen ein realistisches Gefühl vermitteln. Wenn echte Spezialeinheiten einen Einsatz wie in unserer London-Mission bestreiten, dann entsteht keine große Ballerei."

Und unsere Gegner reagieren nicht wie Kanonenfutter, sondern greifen an verwundete Stellen, kämpfen bis zuletzt ums Überleben, kriechen über den Boden, sacken nach einem Kopfschuss leblos zusammen.

Call of Duty: Modern Warfare will USA und England nicht bloß als »die Guten« porträtieren. Warten wir mal ab, was letztlich dran ist. Call of Duty: Modern Warfare will USA und England nicht bloß als »die Guten« porträtieren. Warten wir mal ab, was letztlich dran ist.

Dass es im Krieg kein Schwarz und Weiß gibt, ist als Werbeslogan im Gaming-Business mittlerweile ähnlich abgedroschen wie die alte Boots-on-the-Ground-Floskel. Modern Warfare schmückt sich damit genauso wie die Ubisoft-Kollegen von Ghost Recon: Breakpoint sowie zig andere Shooter der letzten zehn Jahre.

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Konsequent durchgezogen hat es letztlich wahrscheinlich nur Spec Ops: The Line, doch Call of Duty liefert von all den anderen Emporkömmlingen bisher die überzeugendsten Argumente, dass die Entwickler sich hier wirklich um eine gute Geschichte bemühen. Denn mit dem Townhouse-Angriff fing die Präsentation erst an.

Kinder in Call of Duty

Die London-Mission dauert knapp fünf Minuten. Danach zeigt uns Infinity Ward ein weiteres Kapitel, das knapp dreimal so viel Zeit in Anspruch nimmt - obwohl nur ein einziges Mal geschossen wird. Denn in dieser zweiten Mission spielen wir ein kleines Mädchen namens Farah, das in einem fiktiven quasi-syrischen Land lebt. Direkt in der ersten Szene blicken wir in die leblosen Augen unserer Mutter, wir beide wurden unter einem einstürzenden Gebäude begraben.

Bedrückend: In der Haut eines kleinen Mädchens erleben wir einen Giftgas-Angriff. Bedrückend: In der Haut eines kleinen Mädchens erleben wir einen Giftgas-Angriff.

Farah wird von Rettungskräften befreit, unser Vater schließt uns in seine Arme, trägt uns durch das Wüstendorf. Plötzlich fährt ein Lastwagen vor, auf der Ladefläche russische Soldaten, die einfach das Feuer auf die Menge eröffnen. Der Vater flieht mit uns nach Hause, dort wartet Farahs ebenso kleines Brüderchen Hadir.

Wir wiegen uns in Sicherheit, als plötzlich einer der russischen Soldaten unser Heim betritt, nach kurzem Gerangel den Vater erschießt. Farah und Hadir kämpfen ums Überleben, wir schleichen uns durch die Wohnung. Wie in einer bizarren Version von Kevin - Allein zu Haus greifen wir nach Schraubenziehern, attackieren den Übeltäter mehrfach von hinten.

Spielmechanisch scheint auch das eine extrem simple Angelegenheit, doch die erschreckende Inszenierung lässt die Al-Fulani-Hinrichtung aus dem allerersten Modern Warfare im Vergleich wie eine Fingerübung aussehen. Im Gerangel mit dem Russen lösen die beiden Kinder einen Schuss von dessen Waffe, der den Angreifer tötet. Die Gefahr scheint gebannt, der Horror geht weiter. Draußen beginnen die Gasangriffe. Farah und Hadir ziehen sich Gasmasken über, schleichen durch das besetzte Dorf.

Der fiktive Nahost-Staat in Modern Warfare wird von einer Terrormiliz beherrscht. Der fiktive Nahost-Staat in Modern Warfare wird von einer Terrormiliz beherrscht.

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