Cyberpunk 2077: Warum gestrichene Features ein gutes Zeichen sind

Entfernte Inhalte bei Cyberpunk 2077 sorgen aktuell für Frust unter den Fans. Elena findet aber: Das ist ganz normal und eigentlich sogar positiv.

Meinung: Warum gestrichene Features kein Problem für Cyberpunk 2077 sind. Meinung: Warum gestrichene Features kein Problem für Cyberpunk 2077 sind.

Keine fahrende U-Bahn, keine spielbare Techie-Klasse, kein Diebstahlsystem: Alles Sachen, die aus Cyberpunk 2077 gestrichen wurden oder es überhaupt nie ins Spiel geschafft hätten. Unter Schlagzeilen wie diesen häufen sich aktuell zahlreiche Kommentare enttäuschter Fans, die ihre Bedenken lautstark äußern.

Das zeigt doch ganz klar, dass CD Projekt Red dem Hype nicht gerecht werden kann, oder? Damit steht das Rollenspiel sicher schon mit einem Bein im Grab, oder? Nein. Oder lasst es mich anders formulieren: Dass Features gestrichen werden, muss überhaupt nichts Schlechtes sein, im Gegenteil: Wenn Inhalte aus Spielen fliegen, passiert das meist aus gutem Grund.

Gestrichene Features sind nichts Besonderes

Features werden ständig gestrichen, bei nahezu jedem Spiel. Die aktuelle Berichterstattung erweckt nur den Anschein, es passiere bei Cyberpunk 2077 im deutlich größeren Umfang als üblich. Das liegt zum einen daran, dass viel über das Rollenspiel geschrieben wird, weil das Interesse bei Spielern riesig ist.

Zum anderen geht CD Projekt Red sehr offen mit dem Thema um, was ebenfalls ungewöhnlich ist. Hersteller kommunizieren gestrichene Inhalte selten so transparent. Zu groß ist die Gefahr, dass ein negativer Eindruck entsteht. Die Entwickler von Cyberpunk 2077 erklären mir auf Nachfrage, dass man gerade deshalb immer Bedenken habe, Vorab-Gameplay zu zeigen.

Features seien zu diesem Zeitpunkt nie final, ganz zu Schweigen vom Balancing. Doch was die Spieler sehen, ist eben auch meist das, was sie später erwarten. Dass Fans sich fragen, warum etwas aus dem Spiel fliegt, sei laut CD Projekt Red normal - aber dass sich bis zum Launch noch viel ändere ebenfalls.


Die Autorin: Elena konnte Cyberpunk 2077 bereits vier Stunden lang anspielen und hat dabei selbst das eine oder andere Feature vermisst. Als studierte Game Designerin weiß sie aber, warum es nicht jeder Inhalt ins fertige Spiel schafft. Deshalb hat sie die Entwickler von CD Projekt Red dazu befragt und will an dieser Stelle erklären, warum gestrichene Features in der Regel kein Grund zur Sorge sind.

Zu viele Features sind ein Problem

»Je mehr, desto besser« trifft nicht auf Spiele zu. Der sogenannte »Feature Creep« stellt ein bekanntes Problem unter Game Designern dar: Zu viele Optionen verwässern das Spielkonzept und sorgen für unnötig überladene oder komplizierte Mechaniken.

Wächst das Spiel immer weiter, wird es auch aufwändiger und anfälliger für Bugs und andere Probleme. Um das zu vermeiden, entfernen die Entwickler alles Überflüssige aus dem Cyberpunk 2077. Das galt zum Beispiel für den Techie, der dem Hacker zu ähnlich war und damit seinen Zweck als eigener Spielstil verfehlte.

Inhalte werden nicht grundlos entfernt

Manche Features sind also wie oben beschrieben obsolet, andere lassen sich aus technischen Gründen nur schwer implementieren, wie der aufwändig zu animierende Buddy-Roboter des Techie. Wieder andere klingen auf dem Papier vielleicht fantastisch, machen am Ende aber schlichtweg keinen Spaß.

Nehmen wir beispielsweise die U-Bahn: Wagons voller grimmiger Cyborg-Schläger oder schlummernder Militech-Corpos mit kleinen Geschichten drumherum bei der Fahrt durch Night City, da kommt deutlich mehr Cyberpunk-Stimmung auf als bei lahmen Schnellreisepunkten!

Zumindest theoretisch. Aber wie oft werdet ihr euch die U-Bahn-Fahrt im fertigen Spiel wirklich anschauen, wenn ihr nur kurz zum nächsten Missionsstart wollt? Schon bei Deus Ex: Mankind Divided hat sich gezeigt, dass aus einer solchen Sequenz schnell einfach nur ein weiterer lästiger Ladebildschirm wird - gerade, wenn sie sich wiederholt.

Eine Schnellreise im Stil von The Witcher 3 hingegen transportiert den Spieler komfortabel und schnell von A nach B, was zum Spielspaß beiträgt. Darüber, wohin sich in Night City die Reise lohnt überhaupt, könnt ihr euch schon mal beim Durchstöbern der neuen Screenshots Gedanken machen:

Cyberpunk 2077 - Screenshots ansehen

Es kommen auch neue Inhalte dazu

Werden gestrichene Features in der Berichterstattung bis ins kleinste Detail aufgegriffen, Neuerungen aber nicht, ergibt sich ein verzerrtes Bild: Wie die Entwickler mir verraten, schlagen entfernte Inhalte oft größere Wellen. Dabei kamen seit der Ankündigung von Cyberpunk 2077 mindestens genauso viele neue Ideen ins Rollenspiel, wie rausgeflogen sind!

Beispielsweise die auf mehrere Perk-Bäume verteilten Attribute, die deutlich vielseitiger und verzweigter ausfallen, als am Anfang vermutet. Auch das dynamische Wettersystem, Musik bekannter Künstler oder gar die Badlands als komplett neuer Bezirk fanden laut Entwickler zwischendurch ihren Weg ins Spiel.

Das Gleiche gilt für ein (noch ausbaufähiges) Schadensmodell an den Fahrzeugen oder die überarbeiteten Lichteffekte, die dank vierfachem Raytracing auf High-End-Rechnern ziemlich schick ausfallen dürften. Wie Beleuchtung, Reflexionen und Spiegelungen beim Spielen aussehen, zeigt auch unser Preview-Video mit massig Gameplay:

Cyberpunk 2077 endlich gespielt: Preview-Video mit massig Gameplay Video starten 23:56 Cyberpunk 2077 endlich gespielt: Preview-Video mit massig Gameplay

Trotzdem verbirgt sich hinter gestrichenen Features natürlich nicht pauschal etwas Gutes: Ich trauere dem Flathead-Gehilfen für den Techie immer noch hinterher und ein fehlendes Diebstahlsystem stellt für mich einen klaren Immersionsbruch in einem Rollenspiel dar. Immerhin haben das ein Skyrim oder Gothic schon vor Jahren vernünftig hinbekommen.

Aber letztlich muss ein Entwickler immer Prioritäten setzen und hat durch entfernte Inhalte im Zweifel mehr Budget und Zeit für deutlich wichtigere Spielinhalte zur Verfügung. Ob die Entscheidung richtig war, wird sich beim Release von Cyberpunk 2077 zeigen. Lasst euch bis dahin also nicht von News und Kommentaren verrückt machen, sondern macht euch selbst ein Bild von den bisher gezeigten Spieleindrücken.

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