»Mein Herr, es tut mir Leid, Euch bei eurem allabendlichen Malzbierbad zu stören, aber ...« »Was ist denn jetzt schon wieder, Gunzbert, du rückgratloser Wurm von einem Diener?« »Eure Untertanen sind aufgebracht, sie haben sich zusammengerottet und belagern die Stadt!« »Was, dieser schmutzige Pöbel wagt es, mein Fürstentum anzugreifen? Pah, sie werden wirkungslos gegen meine uneinnehmbaren Mauern branden!«
»Verzeiht mir, Eure Hochherrlichkeit, aber die Mauern sind zerstört.« »Wie bitte? Schickt meine Soldaten, sie werden mit diesen Bauern kurzen Prozess machen!« »Ich bitte unteränigst um Vergebung, aber eure Krieger liegen erschlagen vor dem Burgfried.« »Oh. Nun. Ähem.«
In Diplomacy is Not an Option kann man als Burgbesitzer schon mal ins Schwitzen kommen, wenn man sich auf einer Karte mit hunderten, wenn nicht gar tausenden Aufständischen befindet und das Echtzeitstrategie-Spiel eine seiner Gegnerwellen in Richtung eurer zuvor mit viel Liebe und Planung errichteten Stronghold-artigen Mittelalterstadt vorrücken lässt.
Aber nicht verzagen, RTS-Veteranen finden fast immer einen Ausweg - und haben irre viel Spaß mit diesem Steam-Geheimtipp, dessen Demo ihr aktuell kostenlos spielen könnt. Denn Diplomacy is Not an Option hat beste Anlagen, um Strategiespieler mit Lust auf klirrende Schwerter, funkelnde Rüstungen und fette Trutzburgen zu begeistern.
Korrektur und Update vom 7. Oktober 2021:
In einer früheren Version dieses Artikels behauptete ich, dass auch für das fertige Spiel keine Speicherfunktion geplant sei. Dies hat sich als Irrtum herausgestellt, lediglich die Demo von Diplomacy is Not an Option erlaubt kein Speichern. Laut Entwickler wird die Vollversion eine Speicherfunktion besitzen. Ich bitte um Verzeihung für den Fehler in der Berichterstattung und habe den Artikel entsprechend angepasst.
»Ihro Gnaden, dürfte ich vielleicht vorschlagen, den Geheimgang unter dem Abbort für einen strategischen Rückzug zu benutzen?« »Ach, Gunzbert, du bist so ein berechenbarer Feigling. Es würde mich nicht wundern, wenn ich dich eines Tages selbst unter diesen zahnlosen Wegelagerern finde, die von gleichen Rechten für alle und einem Abschaffen des 96-prozentigen Steuersatzes auf Korn fabulieren. Nein, wir werden nicht fliehen. Noch ist nichts verloren. Aktiviere ... den Todeslaser!«
...
»Meint ihr den Meteorzauber, mein Gebieter?« »Ja, das habe ich doch gesagt, oder? Wofür habe ich schließlich diesen sündhaft teuren Magierobelisk in meiner Stadt errichtet? Beschwöre den Vernichtungszauber und bring den Himmel über diesen Tölpeln zum Einsturz! Und dann schütte mir noch ein bisschen warmes Malzbier in die Badewanne, du undankbarer Hundesohn!«
Diplomacy is Not an Option - Screenshots zum Echtzeitstrategie-Spiel ansehen
Fantasy statt Zombie-Apokalypse
Diplomacy is Not an Option lässt sich in einem kurzen Satz zusammenfassen: Es ist wie They Are Billions im Mittelalter-Fantasy-Setting. Ihr werdet zu Beginn auf einer (handgebauten) Karte abgeladen und müsst gegen in Größe und Kampfkraft wachsende Gegnerwellen bestehen. Dank Timer und Minimap-Einblendung wisst ihr immer, wann und wo genau die nächste Gruppe an Aufständischen versuchen wird, das Schloss zu stürmen und euren tyrannischen Hintern vom Thron zu stürzen.
So habt ihr Zeit, um Truppen zu rekrutieren und die Karte zu erforschen, die ebenfalls voller Widersacher und deren Lager ist. Glücklicherweise verhalten sich diese gigantischen Gegnermassen (in der ersten Mission habe ich nach rund 600 niedergemähten Feinden zu zählen aufgehört) eher passiv, sie dienen vor allem dazu, damit ihr Ressourcen farmen könnt. Dazu zählen auch die Zauberkristalle, mit denen ihr dunkle Krieger beschwört, Blitze vom Himmel ruft oder den erwähnte Meteor herunterkrachen lasst, der Widersacher herrlich dynamisch in die Luft schleudert. Ein Hoch auf Ragdoll-Effekte!
Das Burgenspiel Nummer eins als Inspiration
Gleichzeitig müsst ihr ganz klassisch eure Basis ausbauen und hier erinnert Diplomacy is Not an Option stark an Stronghold. Um euren Burgfried herum errichtet ihr Wohnhäuser und teilt Träger ein, die Holz ins Lager oder Nahrung in den Kornspeicher befördern. Besonders Lebensmittel werden bald zu eurem wichtigsten Gut, bestimmen sie doch darüber, wie viele Soldaten ihr anheuern könnt. Also lasst ihr die Bevölkerung Beeren pflücken, Fische fangen und (erst im fertigen Spiel) Getreide anbauen. So ähnlich hat das Chefredakteur Heiko Klinge in Stronghold schon vor 20 Jahren begeistert.
Geht das Futter zur Neige, drohen Hungersnöte, außerdem verbreiten die (schon bald überall herumliegenden) Leichen tödliche Krankheiten, wenn ihr sie nicht von fähigem Personal auf den Friedhof bugsieren lasst. Anders als in Graveyard Keeper geschieht das aber automatisch, sobald ihr die entsprechenden Gebäude errichtet. Wer beim Leichen-Entsorgen dagegen gerne selbst zupackt, sollte hier vorbeischauen:
Wichtigste Erkenntnis aus der Demo: Der Gameplay-Mix in Diplomacy is Not an Option funktioniert, der Wechsel zwischen wirtschaftlichem Aufbau, Erkundung und Verteidigung unterhält ganz exzellent. Dazu ist die Steuerung schon in diesem frühen Stadium sehr eingängig, lediglich Doppelklicks auf einen Einheitentyp zum Markieren aller gerade angezeigten entsprechenden Krieger funktionieren manchmal nicht wie gewünscht.
Die Demo enthält das Tutorial und zwei Missionen einer Kampagne, die der russische Entwickler Door407 nach und nach ausbauen will. Dafür nimmt man sich etwas weniger als ein Jahr Zeit; am 26. Januar 2022 erscheint die Early-Access-Version auf Steam, noch im gleichen Jahr soll die fertige Fassung folgen.
Simpel, aber lustig
Diplomacy is Not an Option macht eine Menge richtig. Ich hatte meinen Spaß dabei, Burganlagen zu errichten, Bogenschützen auf Türme zu schicken und die schier endlos anrückenden aufständischen Bauern zu dezimieren. Zwar ist das alles nicht sonderlich komplex und auf Dauer könnte die Langzeitmotivation flöten gehen, wenn die Kampagne nicht in regelmäßigen Abständen clevere neue Ideen und andere Feindtypen einführt. Aber das Grundkonzept funktioniert bereits ausgesprochen gut!
Ärgerlich ist allenfalls, dass die Gegner-KI mehr auf Masse als Klasse setzt und schonmal einen leer stehenden Holzturm angreift, während fünf Meter weiter meine Distanzkämpfer die Feinde unbehelligt aufs Korn nehmen. Hier darf Entwickler Door407 bis zum Release gerne noch dran arbeiten.
Für die Vollversion angekündigt ist zudem eine Speicherfunktion, die in der Demo noch fehlte. Einen Mehrspielermodus wird es dagegen laut aktueller Planung nicht geben. Dafür setzen die Entwickler auf einen recht skurrillen Ton im Spiel, mit dem der Konflikt ins Lächerliche gezogen wird. So tragen manche der Rebellen etwa Protestschilder und die Bösartigkeit des eigenen Alter Egos wird übermäßig betont. Allerdings soll die Story-Kampagne auch moralische Dilemmata bieten - wie das mit dem offensichtlichen Humor des Szenarios zusammenpasst, muss sich erst noch zeigen.
Wer seine Aufbau- und Echtzeitstrategie dagegen lieber etwas ernster mag, ist wohl besser bedient, auf das noch klassischere Stronghold-Feeling in Manor Lords zu warten. Alle anderen sollten die Demo von Diplomacy is Not an Option auf Steam unbedingt ausprobieren.
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