Recherche und Strategie sind alles
Wenn wir nicht gerade eine Silberzunge sind und diverse drohende Gefechte durch Diplomatie oder Einschüchterung lösen, werden wir in den teils knallharten Kämpfen schlicht überrollt, sollten wir nicht wissen, was wir tun. Dabei ist das Balancing nicht kaputt, wie in diversen Foren zu lesen ist, Pathfinder ist mit seinem auf D&D 3.5 basierenden (und dann weiter entwickelten) Rollenspielsystem einfach nur ziemlich anspruchsvoll: Mit wessen Party in einem Kampf der Boden aufgewischt wird, ist zu früh an diesem Ort (Stichwort: Werratten; später wiederkommen ist keine Schande) oder einfach schlecht vorbereitet.
Analyse:Warum die Balance von Pathfinder: Kingmaker besser ist, als Steam-Reviews glauben lassen
So lohnt es sich zum Beispiel, die Immunitäten der Gegner aufmerksam zu studieren und die Party entsprechend auszustatten. Und »höhere Zahlen« bedeutet nicht immer »besser«. Kämpferin Valerie hat zum Beispiel mit dem schweren Schild eine niedrige Rüstungsklasse als mit dem Turmschild, aber eben auch einen höheren Angriffswert.
Zu dieser Vorbereitung gehört auch die richtige Konfiguration des jederzeit detailliert einstellbaren Schwierigkeitsgrades und der automatischen Pause. Wenn das Spiel stoppt, sobald einer unserer Helden einen Feind wahrgenommen hat, können wir uns buffen und passend positionieren, und dann auch die richtig harten Nüsse knacken.
Der Zauber des Oldschool-RPGs
Kommt es zum Kampf, gehen in dem grafisch sehr gut gelungenen, extrem detaillierten Spiel die Effektfeuerwerke los. Wenn der Magier mit einem Phantom den ersten Wyvern direkt ins Jenseits schickt, die Kämpfer mit Nachdruck auf gigantischen Lindwürmern herumkloppen (natürlich mit Waffen aus kaltem Eisen!) während die Bardin Stärkungslieder trällert und der Kleriker wie verrückt versucht, alle am Leben zu halten - ja, dann ist jeder CRPG-Fan in seinem Element. Das klingt klassisch und ist es auch, kreative Experimente wie Divinity: Original Sin 2 lässt das System von Pathfinder nicht zu.
Über Erfolg und Misserfolg von Angriff und Verteidigung bestimmt dabei wie im klassischen Pen & Paper ein zwanzigseitiger Würfel. Außer bei enorm unglücklichen Würfen (beispielsweise mehrfachen kritischen Treffern des Gegners) liegt der Verlauf eines Kampfes aber trotz des Glücksfaktors überwiegend in der Hand des Spielers: Wenn wir wissen, gegen wen wir kämpfen und wir unsere Leute richtig aufgestellt und gut gestärkt haben, dann geht die Prügelei meistens erfolgreich über die Bühne.
Kolumnen-Duell: Sind Oldschool-Rollenspiele ein Fluch oder ein Segen?
Es ist schon enorm befriedigend, wenn in einem Kampf auf Leben und Tod fünf Mann bereits bewusstlos am Boden liegen und der Magier mit seinem letzten Spruch den nahezu übermächtig erscheinenden Feind doch noch endgültig grillt.
Knallhart oder couchweich
Gehen unsere Mitstreiter hops, können sie nur durch kostspielige Wiederauferstehungszauber zurückgeholt werden. Auch permanente Attributs-Schäden oder Zustände wie Blindheit müssen wir erst durch Rast an einem sicheren Ort oder passende Zauber kurieren. Die Entwickler machen keine Kompromisse: Wer keine Zeit oder Lust für echtes Rollenspiel hat, der muss schon in die Schwierigkeitseinstellungen und sein Spielerlebnis passend konfigurieren.
Nahezu alles, was Pathfinder: Kingmaker komplex macht, lässt sich nämlich auch ab- oder einstellen, wenn wir zum Beispiel nur einen lockeren Story-Durchgang im entspannten Couchmodus genießen wollen. Allein durch diese vielen Möglichkeiten wäre Pathfinder: Kingmaker bereits ein gutes Rollenspiel. Doch den russischen Entwicklern von Owlcat Games reicht das offenbar nicht, sie setzen nämlich kurzerhand einen umfangreichen Aufbaumodus obendrauf, der hervorragend mit dem Rollenspiel-Hauptteil verzahnt ist.
Wetter und sogar Jahreszeiten runden die Atmosphäre von Pathfinder: Kingmaker angenehm ab. Feinste Konsequenzen durch unsere Aktionen und unsere Entscheidungen haben teils gewaltigen Einfluss darauf, wie hart unser Werdegang ausfällt. Lassen wir in einem Bosskampf beispielsweise ein eingesperrtes Monster frei, erledigt es den Großteil der Arbeit für uns - es kann aber auch unsere Heldenparty aufmischen, wenn wir nicht aufpassen.
Die Menge an Details in diesem Spiel, die sich auch wirklich auswirken, ist überwältigend. Das vergleichsweise langsame Spieltempo ist darüber hinaus eine Wohltat - naja, zumindest meistens: Nie haben sich die drei Sekunden Wartezeit auf einen rettenden Heilzauber länger angefühlt. Pathfinder: Kingmaker überzeugt durch barocken Umfang und subtile Epik in Stories und Mechaniken. Vielleicht ist es das, was den Geist von Baldur's Gate ausmacht.
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