Update vom 14. Dezember 2022:
Zwei Jahre nach Release hat Ubisoft den Support für Assassin's Creed Valhalla beendet. Im Nachtest für das finale Update »Das letzte Kapitel« haben wir uns das umstrittenste Serienteil der letzten Jahre erneut angeschaut und beantworten nach etlichen Patches die wichtigste Frage:
Assassin's Creed Valhalla hat eine Mission. Denn der Vorgänger Odyssey hinterließ die Fans ähnlich gespalten wie einst der Wikingersturm die Engländer. Die einen applaudierten Odyssey für dessen Story-Quests mit echten Entscheidungen, für anspruchsvollere Kämpfe, belohnende Open-World-Aktivitäten und ein sagenhaft schönes Griechenland. Die anderen rauften sich die Haare darüber, wie sehr Ubisoft hier den Bogen überspannt: endloser Loot-Grind, nervige Level-Barrieren - und wieso bitte töten Schleichangriffe nicht mehr direkt?
Valhallas Mission liegt also auf der Hand: die Fans wieder vereinen. Alles überflüssige Gameplay-Gerümpel kommt raus, stattdessen dreht Ubisoft bei klassischen Assassin's-Creed-Tugenden den Hahn wieder auf. Und das Ergebnis soll die Fortschritte von Odyssey und Origins mit dem Geist der alten Ezio- und Altair-Meucheleien verheiraten. Die versteckte Klinge ist wieder tödlich, ihr tarnt euch in Menschenmengen und es gibt auch wieder echte Assassinen.
Doch in diesem Mischmasch alter Ideen verläuft sich Valhalla - das wird im Test schnell klar. Noch kein Assassin's Creed litt unter so heftigen Schwankungen, war innerlich so zerrissen. Um euch den Zahn gleich zu ziehen: Egal, ob ihr Odyssey mögt oder doof findet - Valhalla wird euch sehr wahrscheinlich enttäuschen. Und das ist völlig bizarr, denn in seinen besten Momenten schafft es das neue Assassin's Creed sogar, seine Vorgänger zu überflügeln.
Ihr legt gerade mit Valhalla los und braucht Hilfe?
In unserem großen Guide zu Assassin's Creed Valhalla geben wir euch Tipps, von denen Tester Dimi gerne beim Spielstart gewusst hätte. Damit es euch besser ergeht als ihm teilt er sein Wissen mit euch.
Was taugt die Story?
In Sachen Story greift Ubisoft gleich zu Beginn tief in die eigene Rumpelkiste. Wikinger-Kind Eivor verliert bei einem tragischen Überfall die eigenen Eltern und sinnt auf bittere Rache. Könnt ihr kurz im Kopf nachrechnen: Das ist das mittlerweile vierte Mal, dass eine Assassin's-Creed-Hauptfigur wegen toter Eltern auf Rache sinnt. Wo Origins den Spieß umdreht und Eltern zur Hauptfigur macht, wo Odyssey den Spieß noch weiter rumdreht und eure Eltern in kein gutes Licht rückt, da kopiert Valhalla einfach steif die Schablonen von einst.
Und das auch noch schlecht: Der Tod eurer Eltern spielt gar keine Rolle. Dass wir 15 Jahre später aus Norwegen mit unserem Wikinger-Clan ausziehen, um das frühmittelalterliche England zu erobern, hat mit den toten Eltern quasi nichts zu tun. Eigentlich tun wir das nur, weil Eivors machthungriger Bruder Sigurd keinen Bock hat, sich dem recht friedlichen König Harald unterzuordnen. Und weil Eivor die charakterliche Tiefe eines Baumstammes besitzt, gehen wir halt mit.
Was folgt, ist im Prinzip eine Episodengeschichte: Als Eivor (wahlweise weiblich oder männlich) gründen wir eine Wikingersiedlung und besuchen eine englische Großregion nach der anderen, um Bündnisse zu schließen. Jede Region erzählt eine eigene Geschichte: Mal müssen wir den amtierenden König stürzen, mal die Pikten vertreiben, mal ein Pärchen verheiraten oder ihm bei der Scheidung helfen. Die Qualität dieser Geschichten schwankt stark, eine echte emotionale Bindung kommt selten auf.
Was ist mit der Gegenwart?
Assassin's Creed Valhalla setzt die Geschichte von Layla Hassan fort. Allerdings müsst ihr bloß zu Beginn und gegen Ende der Kampagne den Animus verlassen, insgesamt etwa 30 Minuten. Am Ende gibt's aber immerhin einen echt coolen Twist, der vor allem Serienveteranen freuen könnte. Damit ihr für Valhalla auf dem neusten Stand seid, haben wir die Gegenwartsgeschichte zusammengefasst.
Wenn es dann mal um Assassinen geht
Wenn Eivor im eisigen Norden Englands beispielsweise über das Schicksal seines/ihres besten Freundes bestimmt und mehrere schwere Verluste durchlebt, dann steckt da schon Story-Feuer drin. Ab und an treffen wir auch spannende Entscheidungen: Eivor muss kombinieren, wer in Grantabrycgscir die Wikinger-Chefin verrät. Ziehen wir die falschen Schlüsse, wird einer unschuldigen Person die Kehle durchgeschnitten. Aber das ist eher Ausnahme als Regel - die meisten Regionalgeschichten sind bloß solide Kulissen, um uns einen Grund zum Brandschatzen zu geben.
Die Schurken jeder Region sind so indiskutabel böse, dass es uns als mörderische Wikinger-Armee nie moralisch unbequem wird. In einer Sekunde bedauert Eivor, wie schwer es die Leute hier haben. In der nächsten fackeln wir lachend die Getreidesilos ab. Derweil wird auf dem Weg zum Ziel stets viel gequasselt, aber letztlich wenig gesagt. Engländer und Wikinger führen uns wie Aufziehpuppen ellenlang in lokale Bräuche ein, beispielsweise Halloween, und erklären, erklären, erklären. Als Museum funktioniert das, aber fesselndes Storytelling sucht ihr zu häufig vergebens.
Ein großes Highlight gibt's allerdings: Wenn Eivor in die drei Städte York, London und Winchester schleicht, dann verwickeln wir uns stets in Verschwörungen und Verbrechen zwischen Kirchenmännern, Machthabern, Geheimbünden. Und man mag es kaum glauben: Immer wenn sich Assassin's Creed auf die Ränkespiele zwischen Templern und Assassinen konzentriert, ist die Story am besten. Radikaler Vorschlag an Ubisoft: das in Zukunft einfach mal ins Zentrum der Handlung rücken. Vielleicht sogar die Assassinen zu Hauptfiguren machen.
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