Seite 4: Die 150 besten Strategiespiele: Platz 1 steht fest! Ein Meilenstein der Echtzeitstrategie

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Inhaltsverzeichnis

90. Commandos: Hinter feindlichen Linien

Entwickler: Pyro Studios
Subgenre: Echtzeit-Taktik
Release: Juni 1998

Peter Bathge: Ein Spiel zum Zweiten Weltkrieg, entwickelt in Spanien, das in Deutschland und der Welt zum Überraschungserfolg wird - die Geschichte von Commandos war schon damals ungewöhnlich. Ich weiß noch genau, wie ich damals auf Commandos aufmerksam wurde: durch eine Demo auf der Cover-CD eines Spielemagazins. Jüngere Leser starren jetzt verständnislos auf den Bildschirm, während ältere Semester verständnisvoll nicken.

Syndicate hatte ich nie gespielt, X-COM und Jagged Alliance erschienen mir als Heranwachsenden mit ihren rundenbasierten Systemen wie Relikte der Vergangenheit. Aber dieses Echtzeit-System, das cleveres Vorausplanen und hektisches Geklicke miteinander verband, ließ Commandos ungemein attraktiv auf mich wirken. Wenn man eine dieser bockschweren Missionen durch hatte und sich durch den ganzen, ewig großen Level gehauen, geschossen, gemessert und, nun ja … gepuzzelt hatte, dann war man zurecht stolz auf seine Leistung.

Commandos hatte mit seinen historischen Filmschnipseln und coolen Locations (der Staudamm!) gerade genug Flair, um mich ins Spiel hineinzuziehen, aber die Story war nicht aufdringlich inszeniert. Das Spiel war eine Aneinanderreihung von Herausforderungen, die Kampagne ein in ihrer Schwierigkeit beständig ansteigendes Taktik-Puzzle.Irgendwie sprach das in mir und zahllosen anderen (deutschen) Spielern die Faszination am Tüfteln an. Und so ist es kein Wunder, dass neue Spiele im Echtzeit-Taktik-Genre bis heute mit Commandos verglichen werden.

Trivia:

  • Die Entwickler hatten damit gerechnet, dass sich Commandos etwa 15.000 Mal verkaufen würde. Tatsächlich stand das Spiel nach Veröffentlichung 16 Wochen an der Spitze der deutschen Media Control Charts. Bis Mai 2000 standen 1,5 Millionen weltweit verkaufte Exemplare zu Buche.
  • Ein Jahr später erschien mit Im Auftrag der Ehre ein Addon. Der Umfang war mit acht Missionen vergleichsweise gering, allerdings zog Pyro Studios den Schwierigkeitsgrad für die Erweiterung noch einmal an.


NEU

89. Victoria 2

Entwickler: Paradox Interactive
Subgenre: Globalstrategie
Release: August 2010

Fabiano Uslenghi: Jahrelang galt es in der Paradox-Community als ein Running Gag, dass die Schweden einfach keinen Nachfolger zu ihrem imperialistischen Strategiespiel Victoria 2 ankündigen. Mittlerweile ist dieser zwar bereits draußen, doch den Kultstatus des Vorgängers konnte er bislang noch nicht erreichen. Eben, da die extrem komplexe Wirtschaftssimulation noch in einigen Bereichen auf recht wackeligen Beinen steht. 

Es ist eine fortlaufende Debatte unter Paradox-Fans, ob nun Vicky 2 oder Vicky 3 das bessere Spiel ist. Zumindest wir finden aber, dass das Original etwas mehr Glanz ausstrahlt. Eben, da es im Kern nochmal eine Ecke eleganter und runder designt erscheint. Zumindest, wenn man denn in der Lage ist, überhaupt zu verstehen, was hier eigentlich passiert. Denn Victoria 2 ist ein recht ungewöhnliches Strategiespiel, selbst für Paradox. Es ist ein Spiel in einer historischen Epoche, die nicht zwangsweise von großen Kriegen geprägt war. Klar, Revolution, Aufstand und Umbruch - aber nicht unbedingt brutale Konflikte zwischen großen Nationen. 

Entsprechend ist Victoria 2 viel eher ein Denk- als Taktiktspiel. Ihr müsst gut überlegen, wie ihr Wirtschaft und Politik eures Landes gestaltet, um euren Einfluss auf den Rest der Welt auszuweiten. Victoria 2 versprüht den Charme eines intriganten Gesprächs beim Mittagstee, wo Feindseligkeit hinter den Kulissen ablaufen. Es ist behäbig, aber auch unsagbar fesselnd. Es ist ein ruhiges Spiel, voller feiner Rädchen, die galant ineinandergreifen und die es zum eigenen Vorteil zu manipulieren gilt. Ein Spiel für Männer und Frauen von Kultur!

Trivia:

  • Auch die Entwickler bei Paradox nutzten den Running Gag um einen Nachfolger zu Victoria 2 gerne als Anlass, um sich zu einigen Witzeleien hinreißen zu lassen. »Es wird nicht Vicky 3« wurde zum geflügelten Wort vor neuen Ankündigungen. 
  • Aufgrund der historischen Epoche gibt es in Victoria 2 zu Spielbeginn keinen deutschen Staat, dafür aber haufenweise deutsche Länder, die sich zu Deutschland zusammenschließen können. Sogar Luxemburg kann die Entscheidung fällen, alle deutschen Länder unter sich zu vereinen. 


88. Warhammer 40.000: Dawn of War

Entwickler: Relic Entertainment
Subgenre: Echtzeitstrategie
Release: September 2004

Holger Harth: »Wie cool wäre das denn?! Eine eigene Armee der Space Marines!« 2004 quälte mich die Sehnsucht nach einer eigenen kleinen Armee des britischen Tabletop-Herstellers Games Workshop schon seit ein paar Jahren. Mindestens genauso qualvoll: Die Figuren waren und sind alles andere als günstig. Hätte ich noch Pinsel, Farben, Terrain und eventuelle Codex Bücher dazu gekauft, wäre das damals eine unvorstellbar teure Anschaffung gewesen. Dazu kam noch, dass der Freundeskreis meine Faszination für die kleinen Plastikfigürchen nicht wirklich teilte. Also litt ich still vor mich hin...

Bis zu dem Tag, an dem ich Dawn of War im Regal unseres Computerspielhändlers sah. Da stand ein Spiel, das Gameplay wie Warcraft 3 versprach und mich meine eigene kleine Space Marines Armee befehligen lies. Dazu noch Orks, Eldar und Chaos Space Marines. Das Ganze für vergleichsweise günstige 50 Euro (manche Spezialeinheiten im Tabletop sind teurer!). Ohne großartig nachzudenken wurde das Spiel vom spärlichen Ausbildungsgehalt gekauft.

Und es lief wie erhofft. Meine Space-Marines mähten sich durch Ork-Massen. Die Handlung der Kampagne um den Trupp von Blood Angel Gabriel Angelos motivierte genug, um dranzubleiben. Im Editor »bemalte« ich endlich meine ganz eigene Armee (mit schwarzen Flächen und lila Details nicht extrem kreativ, aber doch mein eigenes Farbschema). Und brauchte ich Abwechslung, ging es mit einer der drei anderen Fraktionen in den Skirmish-Modus gegen Computer-Gegner. Nicht super-innovativ, aber auch nicht enttäuschend.

Trotzdem endete der Spaß mit Dawn of War nach wenigen Wochen wieder, da der Freundeskreis auch dieses mal nicht ins Warhammer-Universum einsteigen wollte und wir auf LANs weiterhin Warcraft 3, AoE 2 und C&C: Generäle spielten. Immerhin: Dawn of War bewahrte mich davor noch wesentlich mehr Geld in kleine Plastikfiguren zu investieren, die heute wohl nur noch einstauben würden.

Trivia:

  • Die Blood Ravens wurden speziell für Dawn of War erdacht und fanden danach auch ihren Weg in die Tabletop Welt von Warhammer 40.000.
  • Wer weitere Völker und Kampagnen wollte, musste die Erweiterungen Winter Assault, Dark Crusade und Soulstorm kaufen und damit zusätzlichen Zugriff auf die Imperiale Armee, Tau, Necrons, Dark Eldar und Adeptus Sororitas.


NEU

87. Gears Tactics

Entwickler: Splash Damage
Subgenre: Rundentaktik
Release: April 2020

Fazit zu Gears Tactics - »Ich hätte NICHT gedacht, dass es so gut funktioniert!« Video starten 12:05 Fazit zu Gears Tactics - »Ich hätte NICHT gedacht, dass es so gut funktioniert!«

Dimitry Halley: Manchmal muss man das Rad nicht neu erfinden, sondern es einfach in einem sehr schicken neuen Auto verbauen. Gears Tactics ist so ein Auto und ich muss kein Mechaniker sein, um die Blaupause dahinter zu erkennen: das gute, alte XCOM. Wie im großen Vorbild steuere ich einen Squad aus Soldatinnen und Soldaten, die Story spielt vor den großen Gears of War, ich ziehe also gegen die mörderischen Locust in die Schlacht und nutze Granaten, Knarren, Spezialfertigkeiten und strategisches Geschick, um am Ende mit heiler Haut aus dem Einsatz zu exfiltrieren.

Meine Truppen leveln auf, ich investiere in stärkere Ausrüstung und stürze mich wieder ins Gefecht. Und damit bleibt Gears Tactics sehr nah am klassischen Rezept aller zeitgenössischen Rundentaktik-Spiele, doch das muss ja kein Problem sein. Im Gegenteil: Gears Tactics punktet vor allem mit dem »Wie«, statt dem »Was«. Die Story ist zum Beispiel denkbar simpel - ich jage halt einen Bösewicht der Locust -, sie wird aber unheimlich aufwendig und spektakulär inszeniert.

Die Kämpfe wagen keine großen Genre-Experimente, sie spielen sich aber fetzig und gerade für Anfänger recht intuitiv. Und wer Gears of War liebt, bekommt hier eben die ultimative Fan-Packung: Die Kettensägenwaffe meines Soldaten spratzelt genauso wuchtig wie in der Vorlage, die Locust-Granaten hinterlassen kein Land, eigentlich brilliert Gears Tactics in dieser Liste vor allem, weil es ein Musterbeispiel ist, wie große Franchises in kleinere Genres übersetzt werden können, ohne auch nur ein Quäntchen Charme einzubüßen.

Trivia:

  • Die Kettensägenknarre hätte es beinahe nicht ins erste Gears of War geschafft, weil Epic und Microsoft sich uneins waren.
  • Gears Tactics’ Hauptfigur Gabe Diaz ist der Papa von Kait Diaz, einer der Hauptfiguren der neuesten Gears-Teile.


86. Anno 1602

Entwickler: Max Design
Subgenre: Aufbaustrategie
Release: März 1999

Martin Deppe: September 1997, ECTS in London, kurz vor Messeschluss: Nach einem Terminmarathon schlappe ich noch mal durch die Hallen, um mir dieses Anno 1602 anzugucken, von dem Kollege Michael »Mick« Schnelle so geschwärmt hat. Denn der konnte das bunte Inselspiel schon am Vormittag ausprobieren. Dass Mick von einem Spiel schwärmt, kommt so oft vor wie ein Besuch des Halleyschen Kometen. Also muss ich mir das mal kurz angucken!

Böser Fehler. Denn obwohl Anno 1602 noch ein halbes Jahr bis zur Fertigstellung braucht, entfaltet es sofort diese Sogwirkung, die ich sonst nur bei Rundenstrategie erlebe. Aus »nur noch eine Runde!« wird »nur noch Erz finden!«, und ich verpasse glatt den Messeschluss. Meine draußen versetzten Kollegen gucken grummelig, nur Mick nickt wissend. In unserem Messebericht der GameStar-Zweitausgabe landet Newcomer Anno 1602 prompt auf Platz vier der zehn besten Strategiespiele der ECTS, gleich hinter unwichtigen Titeln wie Starcraft, Age of Empires und Populous 3.

Doch Mick muss bei Chefredakteur Jörg Langer viel Überzeugungsarbeit leisten, dass Anno bestimmt ein Knaller wird - denn Jörg sieht Anno eher als einen weiteren Siedler-Klon. Aber Mick lässt nicht locker, darum darf er eine Ausgabe später eine Seite Preview schreiben. Darin fallen Worte wie »unwiderstehlich«, »fesselnd« und »prächtig« - für Micks Verhältnisse die pure Ekstase!

Zum Test von Anno 1602 baue ich aus mehreren Screenshots eine riesige Bilderbuch-Insel (siehe Screenshot). Dafür organisiere ich extra eine Karte mit zwei großen Bergen, denn meine Headline soll »Eine Insel mit zwei Bergen« heißen. Also genau wie im Lied von Jim Knopf und Lokomotivführer Lukas. Doch Chef Jörg kennt das nicht (muss eine harte Kindheit gewesen sein!), darum fällt die Headline seinem Rotstift zum Opfer. Ich bin echt sauer, denn da hätte ich auch irgendeine 08/15-Insel nehmen können. Aus Rache spiele ich ein paar Monate später auf meiner Hochzeit, zu der auch Jörg eingeladen ist, das Techno-Remake des Songs rauf und runter.

Trivia:

  • Eigentlich plante Max Design eine Fortsetzung seiner Segelschiff-Wirtschaftssimulation 1869: Hart am Wind. Doch aus dem Heimathafen wird eine Stadt, dann eine Insel, es folgen weitere Inseln, unterschiedliche Ressourcenvorkommen, Handel, Diplomatie, Piraten.
  • Auch der Namensteil »Anno« wurde erst spät angetackert, anfangs hieß das Spiel schlicht »1869 2«, dann »1602«.


85. Black & White

Entwickler: Lionhead
Subgenre: Göttersimulation
Release: April 2001

Petra Schmitz: Natürlich könnte ich jetzt leicht von der riesigen Kuh oder dem lustigen Affen erzählen, denen ich damals vergeblich versucht habe, Manieren beizubringen, aber die Geschichten hätte ja nun jeder auf Lager, der Black & White gespielt hat. Ich erzähle euch vom wahrscheinlich wildesten Video, das ich jemals für GameStar habe machen müssen. Das einzig Gute daran ist, dass es wohl niemals veröffentlicht wurde. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, habe das aber vielleicht auch nur verdrängt.

Also: Es gab wohl irgendein Interview im Netz mit Peter Molyneux über Black & White und unser damaliger Chefredakteur Jörg Langer stellte sich vor, dieses Interview - allerdings paraphrasiert - über Spielszenen von Black & White zu legen. Ich sollte die Interviewerin mimen und er sprach folglich Peter.

Da saß ich also spät abends (es war immer eher spät, wenn in der GameStar-Redaktion wilde Ideen aufploppten) mit Jörg vor unserem damaligen Videovertonungs-Setup und ich verkörperte die überinteressierte Journalistin, er gab den enthusiastischen Peter. Das war schon beim ersten Take wild und schräg, und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch Jörg das so empfunden hat. Es klang einfach irrsinnig falsch und verkünstelt.

Aber so schnell wollte Jörg nicht kleinbeigeben. Wir haben das dann noch ca. eine halbe Stunde probiert, jedoch wurde und wurde es nicht besser. Und wie gesagt: Meine Erinnerung will, dass wir dieses Experiment dann abgebrochen und in die Ablage P für »pekloppte Ideen« gelegt haben. Ich hoffe, ich täusche mich nicht. Falls ihr also mal über ein Vorschau-Video stolpern solltet, in dem ihr Jörg und mich über Black & White reden hört, dann ist das ein Fake!

Trivia:

  • In Black & White tauchen etliche Figuren auf, die die Namen von damaligen Spielejournalisten tragen. Jörg ist übrigens auch dabei.


84. Warcraft

Entwickler: Blizzard Entertainment
Subgenre: Echtzeitstrategie
Release: November 1994

Mary Marx: Den Anfang einer legendären Strategie- (und später natürlich auch MMO-)Reihe machte Warcraft: Orcs & Humans oder besser bekannt als Warcraft 1. Als einer der Vorreiter im Bereich Multiplayer-RTS steht es damit natürlich zurecht in unseren Top 100 Strategiespielen. Auch, wenn die meisten von euch vermutlich wärmere Erinnerungen an Warcraft 2 oder vor allem Warcraft 3 haben.

Alles begann mit Bill Roper und einer zum Tonstudio umgebaute Abstellkammer, in der die Sprachaufnahmen für eine Messe-Demo aufgenommen wurden. Ein Drehbuch und mehr als einen vollkommen chaotischen Plan gab es nicht. Und schlussendlich wurde doch ein Spiel draus, das mehr als »nur« Dune 2 ist und schlussendlich Geschichte schrieb. Apropos Geschichte: Wie Warcraft im Detail entstand erfahrt ihr in unserem Plus-Report zum Warcraft-Phänomen.

Als Vorreiter im Bereich Missionsdesign und Multiplayer, erinnern wir uns vermutlich gerne an Lan-Parties, Medivhs-Killerkommando im Zauberturm und den Beginn eines der größten Fantasy-Universen zurück (die damals aber nur ausführlich im Handbuch erläutert wurde). Ein Remake wird es laut Blizzard vermutlich nicht geben, dafür können wir die kleine Legende dank GOG auch auf modernen Systemen endlich wieder spielen.

Trivia:

  • Während der Entwicklungszeit gab es kein Büronetzwerk, weswegen die Tests und Überarbeitungen via Modems oder Disketten-Austausch stattfinden mussten.
  • In der Anfangsphase des Warcraft-Projekts wird sogar der Erwerb der Warhammer-Lizenz diskutiert. Deswegen erinnern die Warcraft-Charaktere auch so stark an Warhammer.
  • Warcraft wurde dem Mama-Test unterzogen, indem eine Mutter ins Büro kam und in der Lage sein musste, den Spielbeginn zu schaffen.


NEU

83. Sid Meier’s Colonization

Entwickler: Microprose
Subgenre: Rundenstrategie
Release: September 1994

Martin Deppe: Colonization schwamm immer ein bisschen im Kielwasser seines großen Bruders Civilization. Zu Unrecht! Denn Colonization sieht zwar auf den ersten Blick wie eine Civ-Mod aus, auch Steuerung und Interface sind ähnlich, das Spiel bringt aber ganz eigenständige Elemente mit. Ich habe wirklich das Gefühl, kurz nach der Entdeckung Amerikas die riesige Neue Welt zu erkunden, zu besiedeln und meine Dörfer zu Städten auszubauen. 

Dabei fange ich ganz klein an, nur mit einer Handvoll Kolonisten und ein paar Vorräten. Ich stoße auf Indianersiedlungen, die nicht nur mit mir handeln, sondern mir auch neue Berufe beibringen, zum Beispiel Tabakbauern oder Trapper. Wenn ich Zigarren und andere begehrte Güter nach Europa schippere, nehme ich auf dem Rückweg Waren und neue Spezialisten mit, die ich dringend brauche.

Zum Beispiel Musketiere, Dragoner und Geschütze. Denn nicht alle Indianer sind friedlich, außerdem machen sich andere Nationen in der Neuen Welt breit. Und weil mein König immer mehr Steuern aus unseren Kolonien presst, werden meine Neu-Amerikaner und ich stetig grummeliger. Symbol unserer Aufmüpfigkeit sind die »Liberty Bells«, also Freiheitsglocken-Icons, die sich langsam in den Kolonien stapeln.

Wenn ich genug davon habe, meist wie in echt gegen Ende des 18. Jahrhunderts, kann ich dem Vaterland den Unabhängigkeitskrieg erklären. Das findet der König natürlich nicht ganz so töffte, er schickt mir eine Flotte samt Armee auf den Hals – und wenn ich die besiege, habe ich die Partie gewonnen. Was für ein Ritt, auch heute noch!

Trivia:

  • Sid Meier’s Colonization wurde (wie später zum Beispiel Alpha Centauri) überwiegend von Sid Meiers Kollegen Brian Reynolds entwickelt – und zwar nebenbei, wenn bei Microprose mal Zeit war. Doch die Firma erkannte das Potenzial des »Hobbyprojekts«, schmiss das Design ein paar mal um, und der Rest ist Spielegeschichte. 
  • 1994 brachte Firaxis Sid Meier's Civilization 4: Colonization heraus. Das ist quasi ein Standalone-Zwitter aus Civ-4-Addon und einem Colonization-Remake. 


NEU

82. Panzer General

Entwickler: SSI
Subgenre: Rundenstrategie
Release: Dezember 1994

Martin Deppe: 1994 ist ein gutes Jahr für Rundenstrategen! Nicht nur wegen Master of Magic  und Colonization (hier gleich nebenan in den Charts), sondern auch wegen Panzer General und seinen Hexfeldschlachten im Zweiten Weltkrieg. Denn das Werk der legendären Strategiespielschmiede schafft einen guten Mittelweg zwischen Hardcore-Strategie und Zugänglichkeit. Wie ein Puzzlespiel tüftele ich an perfekten Zügen. Viele alte Faustregeln gelten natürlich auch hier, wie »erst mit Fernkämpfern angreifen, dann in den Nahkampf« oder »Panzer sind in Städten oder Wäldern eher suboptimal«. 

Aber die Truppentypen arbeiten viel besser zusammen. Angrenzende Flak oder Jagdflugzeuge schützen automatisch Boden- und Lufteinheiten vor Feindfliegern. Artillerie feuert automatisch auf Gegner, die benachbarte Kameraden angreifen. Ich kann gegnerische Einheiten einklemmen, also aus mehreren Richtungen angreifen, das bringt dicke Boni. Das Gelände ist wichtig, Flüsse wirken sich zum Beispiel stark aus – wenn ich ohne Brückenpioniere da durchwate, bin ich eine Sitting Duck.

Das Schöne an der Puzzelei: Es gibt zwar viele Regeln, doch alle sind nachvollziehbar. Infanterie ist in einem Lastwagen flotter unterwegs als zu Fuß, aber rollendes Kanonenfutter. Und dass Truppen Munition und Sprit brauchen, leuchtet auch ein. Die sehr langen, verzweigenden Kampagnen mit Kernarmee-Ausbau sind klasse, genauso wie die hunderte detaillierten 2D-Einheiten, von denen ich zahllose upgraden darf.

Trivia:

  • Panzer General wurde in Deutschland direkt indiziert – aber nicht wegen der Gefechte selbst, sondern wegen der unkritischen Texte bei Briefings und im Handbuch. Publisher Mindscape hat nachgebessert und unter anderem im Handbuch einen historischen Abriss eingefügt, der die Gräueltaten des Naziregimes beschreibt. Am 6. Januar 1995 bekam Panzer General deshalb eine Freigabe ab 16 Jahren.
  • Panzer General ist so erfolgreich, dass SSI eine Armee an Nachfolgern hinterherschickt: Allied General, Fantasy General, Star General, Dynasty General, mehrere weitere Panzer Generals. Nur Pacific Admiral tanzt aus der Reihe. Typisch Marine!


81. Theme Park

Entwickler: Bullfrog
Subgenre: Wirtschaftssimulation
Release: Juni 1994

Dimitry Halley: Eigentlich eine absurde Idee. In einem Videospiel einen eigenen Freizeitpark errichten. Das klingt nach dem absolut unspaßigsten Part der ganzen Freizeitpark-Thematik. Und doch begründete das erste Theme Park 1994 ein ganzes Subgenre. Denn viele Leute lieben die Idee, ihren eigenen Freizeitpark zu gestalten, den Salzgehalt der Pommes festzulegen, mit entsprechend mehr Getränken größere Profite einzufahren, Achterbahnen und andere Attraktionen zu errichten und, und, und.

All das lieferte Theme Park, damals noch unter Leitung von Peter Molyneux, der hier den Grundstein für das legte, was Jahre später mit Rollercoaster Tycoon so richtig Fahrt aufnahm. Ich persönlich habe ja deutlich mehr Zeit im Nachfolger Theme Park World versenkt (an dem Molyneux nicht mehr beteiligt war), aber die Faszination ist bei allen Teilen gleich: Es ist eben doch ein sehr kreativer Akt, einem Freizeitpark den eigenen Stempel aufzudrücken. Die Menschen auf eigene Art und Weise zu begeistern, erheitern - oder abzuzocken. Und den eigenen Park aus der Ego-Perspektive erkunden?

Sonderlich einfach war das übrigens nie. Trotz der bunten Aufmachung verbarg sich hinter Theme Park eine durchaus tiefe Wirtschaftssimulation, die mich sehr, sehr häufig in den Ruin führte.

Trivia:

  • Eigentlich sollte Theme Park eine ganze Serie an Theme-Spielen lostreten. Letztlich wurden aber mit Theme Hospital und Theme Aquarium nur zwei weitere Sorten veröffentlicht.
  • Wer die eigene Achterbahn besonders steil baut, kann regelmäßig dafür sorgen, dass Leute runterfallen. Aber wer wäre so grausam?
  • Theme Park war die Vollversion auf der Erstausgabe von GameStar.


NEU

80. Der Industrie Gigant 2

Entwickler: Jowood Ebensee
Subgenre: Wirtschaftssimulation
Release: Juni 2002

Martin Deppe: König Kunde kann echt nerven. Da haben wir tonnenweise Schlauchboote produziert – und dann kauft die keiner. Nur weil gerade Winter ist! Oder hier, die schönen Holzlokomotiven: Eben noch der Renner im Kinderzimmer, jetzt wollen die Kinder (und ihre Väter) plötzlich komplette Modelleisenbahnen! 

Ein ganz normaler Tag in Der Industrie Gigant 2 also. Denn hier müssen wir als Firmenboss stets die Nachfrage im Auge behalten, Fabriken aus dem Boden stampfen, Produktionsschritte clever verketten. Und immer mit dem Fortschritt gehen: Denn allein schon die Logistik ist eine Herausforderung, weil in der Spielzeit von 1900 bis 1979 ständig neue, historisch korrekte Lastwagen, Lokomotiven, Schiffs- und Flugzeugtypen dazukommen. Und ohne durchdachte Fahrpläne bringen unsere Züge keine Spielzeugzüge zur Kundschaft.

Apropos Spielzeugzüge: Der Industrie Gigant 2 ist natürlich auch wegen seiner schönen Modellbau-Optik in unsere Top 150 gekommen. Wenn sich Lastwagen hupend durch Staus quälen und Güterzüge über selbstverlegte Schienen in den Bahnhof schnaufen, lassen wir die zahllosen Statistiken zu den 158 (!) Waren und Produkten mal kurz aus dem Auge.

Trivia:

  • In der Spielepackung lag auch eine CD mit Demos zum Kultspiel Cultures 2 und dem mittelprächtigen Der Hotel Gigant.
  • Von Jowood Ebensee kam zwei Jahre zuvor Der Verkehrs Gigant.
  • Noch 2024 soll Der Industrie Gigant 4.0 erscheinen.


79. Banished

Entwickler: Shining Rock Software
Subgenre: Aufbaustrategie
Release: Februar 2014

Laila Schmitt: Als ich damals auf der Suche nach einem neuen Spiel war, stieß ich auf Banished. Ein Spiel von einem einzigen Entwickler, das genau meiner Vorstellung an Grafik und Gameplay-Mechanik entspricht. Die Tatsache, dass Banished nicht von 200 Leuten entwickelt wurde, ist schon sehr beeindruckend. Ganz nebenbei wurde das Spiel auch noch an meinem Geburtstag veröffentlicht, aber das war natürlich kein ausschlaggebender Kaufgrund.

Tatsächlich wollte ich einfach ein Spiel, das einfach zu handeln war und das nicht sehr viel Platz auf meinem damalig grottigen PC einnimmt. Banished ist nämlich neben den ganzen anderen Vorzügen auch noch super winzig mit 270 Megabyte. Das Spiel selbst stellte sich dann doch nicht ganz so einfach und winzig heraus, was mir natürlich nochmal besser gefiel.

Ich musste darauf achten, dass die Siedler nicht erfrieren, verhungern und sich schön fortpflanzen, damit aus der kleinen Gemeinschaft eine wunderschöne Stadt wird.

Wie viele Siedler genau ich mittlerweile in Banished auf meinem Gewissen habe, kann ich leider nicht sagen.

Trivia:

  • Das Spiel wurde von nur einem Spieldesigner entwickelt und unter dem Studionamen Shining Rock Software veröffentlicht.
  • Ein halbes Jahr nach Veröffentlichung bekam Banished auch einen Mod-Support. Mit den Modifikationen gab es nun auch eine umfassende Erweiterung mit neuen Gebäuden, Rohstoffen, Produktionsketten und Deko-Objekten.


78. Empire Earth

Entwickler: Stainless Steel Studios
Subgenre: Echtzeitstrategie
Release: November 2001

Vali Aschenbrenner: Bei Empire Earth werde ich ganz nostalgisch: Während meiner Schulzeit habe ich eine Session nach der anderen gestartet und sonnige Nachmittage im dunklen Zimmer vor einem gleißend hellen Bildschirm verbracht. Dass ich Empire Earth »richtig« gespielt habe, möchte ich dabei nicht unbedingt von mir behaupten.

Zwar haben die unterschiedlichen Kampagnen angesiedelt in verschiedenen Kapiteln der Menschheitsgeschichte durchaus ihren Reiz und ihre Daseinsberechtigung gehabt. Viel eher hat mich aber die spielerische Freiheit in den uneingeschränkten Modi von Empire Earth fasziniert.

So war es einfach nur herrlich, mit der eigenen Fraktion Ressourcen zu grinden und möglichst schnell das nächste Evolutionszeitalter zu erreichen, während meine Widersacher noch in der Bronzezeit vor sich hin dümpeln. Und bis die KI endlich mal in die Gänge gekommen ist und es geschafft hat, sich beispielsweise in die Renaissance voranzukämpfen, patrouillierten bereits dicke Panzer meine Stadt- oder besser gesagt: Staatsmauern. Fair war das definitiv nicht, aber dafür umso unterhaltsamer!

Die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten unterschiedlicher Epochen luden mich schnell zum fröhlichen Herumprobieren ein: Wie schnell machen meine mittelalterlichen Ritter eine Siedlung mit Keulen bewaffneter Neandertaler platt? Was können Erste-Weltkriegstruppen meinen Armeen entgegenhalten, die bereits die Atombombe erfunden haben? Oder bin ich einfach nur besonders gemein (und faul) und lasse mit Lasern bewaffnete Kampfmechs einen Haufen Bauerntölpel plattmachen?

Diese Idee des Aufeinanderprallens verschiedener Epochen vermisse ich in modernen Strategiespielen zutiefst. Und anscheinend bin ich damit nicht der Einzige: Heutzutage sind Schlachtensimulationen wie der Ultimate Epic Battle Simulator ein YouTube- und Reddit-Hit. Dabei wird es dann nochmal absurder, wenn Spieler zum Beispiel 10.000 Hühner gegen 100 Dinosaurier antreten lassen - dabei lassen sich die strategischen Komponenten und das eigentlich Gameplay jedoch mit der Lupe suchen.

Entsprechend bleibt mir momentan meine (eventuell etwas nostalgisch verklärte) Erinnerung an die guten, alten Empire-Earth-Tage sowie die Hoffnung, irgendwann doch noch eine neue Fortsetzung in den Händen zu halten. Wobei mich eine simpel gehaltene Neuauflage auch schon verdammt glücklich machen würde.

Trivia:

  • Empire Earth 3 ist bis heute das letzte Spiel der Strategie-Reihe. Der dritte Teil fiel bei Kritikern wie Spielern durch und wurde vor allem für seine schale Spielmechanik und gestrichenen Features kritisiert.
  • In einer frühen Version des ersten Empire Earth war es noch möglich, auf der Karte Minen zu platzieren. Dieses Feature schaffte es allerdings nie in das fertige Spiel.


77. Warcraft 2

Entwickler: Blizzard Entertainment
Subgenre: Echtzeitstrategie
Release: Dezember 1995

Mary Marx: Mit Warcraft 2: Tides of Darkness hat sich wenig am grundlegenden Spielprinzip seit dem ersten Teil geändert. Noch immer herrscht das unumstößliche Prinzip Orcs gegen Menschen vor und führt uns auch durch den zweiten Teil der Warcraft-Geschichte, der zum ersten Mal eine Erweiterung Namens Warcraft 2: Beyond the Dark Portal bekam.

Dank des Erfolgs von Warcraft 1 konnte man etwas professioneller werden und an den Details wie der Steuerung (endlich mehrere Einheiten auf einmal auswählen!) oder der KI arbeiten, die etwas schlauer war als im Vorgänger. Auch der Nebel des Krieges wurde zum ersten Mal in Warcraft 2 eingesetzt, sodass wir uns erstmals vorsichtig über die Karte bewegen mussten.

Warcraft 2 räumte damals nicht nursämtliche Preise ab und verkaufte sich (bis 2001) über drei Million mal, es schaffte es auch auf Platz 178 unserer 250 besten PC-Spiele aller Zeiten und begeisterte Kollege Jochen gänzlich für das RTS-Genre. Zwar dürfen wir vermutlich auch von Teil 2 kein Remake erwarten, dafür können wir es endlich wieder auf aktuellen Systemen spielen - dieses Mal sogar mit dem Zusatz, unseren Einheiten eine eigene Stimme zu verleihen.

Trivia:

  • Blizzard verkaufte die Rechte an der Entwicklung einer Konsolenfassung komplett und exklusiv an EA, die dann 1997 unter dem Titel Warcraft II: The Dark Saga ein Komplettpaket aus Basisspiel und Erweiterung für PlayStation und Sega Saturn veröffentlichten.
  • Vernichtet ihr alle Gebäude eines Computer-Gegners bis auf eines, schickt dieser seine Peons los, um euch anzugreifen. Allerdings sind sich die kleinen Helfer nicht so sicher, ob sie das wirklich wollen, weil sie nach jedem Schritt auf euch zu eine kleine Denkpause einlegen.


76. Rome: Total War Remastered

Entwickler: Creative Assembly
Subgenre: Echtzeit- und Rundenstrategie
Release: September 2004 / April 2021

Peter Bathge: Nostalgie ist ein fieser Freund. Sie lässt die herrlichsten »Ach, wie schön war das damals«-Gefühle in der Brust aufwallen und Freudentränen in die Augen schießen. Aber sie verdrängt auch all die schlechten Erinnerungen an alte Spiele, die Aufregung über dumme Steuerungs-Layouts, das Fluchen wegen der frustrierenden letzten Mission. Von der im gedanklichen Rückblick viel schöner eingeschätzten Grafik mal ganz zu schweigen.

Im schlimmsten Fall enttäuschen einen die Spiele, denen man nostalgische Gefühle entgegenbringt, wenn man sie Jahre später nochmal installiert. Doch die besten, die wahrlich zeitlosen Spiele sind auch gefühlte Ewigkeiten nach Release genauso fesselnd wie damals. Rome: Total War ist so ein Spiel für mich.

Es war das Jahr 2011 und ich hatte gerade die Zusage für meine Stelle als Volontär bei der PC Games bekommen. Als wäre das nicht schon stimmungssteigernd genug gewesen, bekam ich für meine letzte Ausgabe als freier Autor dann auch noch ein besonderes Schmankerl: Die Heft-Vollversion dieses Monats war Rome: Total War in der Gold-Edition und ich durfte dazu vier Seiten Spielvorstellung und Tipps gestalten.

Was hatte ich dieses Rome damals geliebt! Und wie positiv war ich überrascht, als es mich sieben Jahre später gleich wieder in seinen Bann zog. Eigentlich sollte ich ja nur ein paar Stündchen reinschauen, um Screenshots und Videos anzufertigen. Am Ende wurden es aber zwei vollständige Kampagnen aufseiten von julianischen Römern und Ägyptern.

Es gibt viel zu lieben an Rome, vom damals spektakulären Sprung in 3D-Grafik über die riesige Weltkarte mit ihren 20 Fraktionen und exotischen Einheiten (Kampfelefanten!) bis hin zu einer Qualität, die den neueren Total Wars ein bisschen abgeht: die historische Atmosphäre. Egal ob Interface, Zufallsereignisse oder das Management der eigenen Familie: In Rome fühlte man sich wirklich wie ein antiker Staatenlenker. Selbst dass der römische Senat oft dümmliche Anfragen stellte, entsprach ganz gut der Natur aller Politik.

Trivia:

  • Wer Rome: Total War neu erleben möchte, sollte unbedingt eine Mod wie Europa Barbarorum oder Roma Surrectum 2 ausprobieren. Damit wird die Weltkarte erweitert, es gibt neue Mechaniken und Fraktionen sowie einige KI-Verbesserungen. Alternativ lohnt sich das 2021er Remaster.
  • Wenn die Ägypter in der englischen Fassung vom Spieler fordern, sich ihrem Reich anzuschließen, taucht dabei manchmal der Ausspruch »All your base are belong to us« auf. Das ist eine Referenz eines 2001 entstandenen Internet-Memes. Das Zitat stammt ursprünglich aus der schlecht übersetzten Fassung des japanischen Spiels Zero Wing.


NEU

75. Master of Magic

Entwickler: Simtex
Subgenre: Rundenstrategie
Release: September 1994

Martin Deppe: Habe ich schon erwähnt, was für ein starker Rundenstrategie-Jahrgang 1994 ist? Denn unter den Fittichen von Microprose erscheint auch Master of Magic, und das sieht wie Colonization auf den ersten Blick wie ein Civilization-Klon aus, halt mit Fantasy-Gedöns. Doch auf den zweiten Blick hat mich Master of Magic sofort gepackt, weil es nämlich die Civ-Formel um drei wichtige Elemente erweitert. 

Erstens: Hier schlage ich meine Schlachten selbst, sie werden nicht ausgewürfelt. Ich schiebe meine Soldaten und Fantasy-Viecher auf isometrischen Schlachtfeldern umher und lasse meine Helden eingreifen – vor allem mit immer mächtigeren Zaubersprüchen, logisch. Die Kämpfer sind weder tiefschürfend noch wahnsinnig taktisch, aber flott und spannend. 

Zweitens: Hach, der Rollenspiel-Part! Ich darf meine Helden verbessern, ihnen Ausrüstung geben, sogar meinen eigenen Charakter ausbauen, mit ausgesuchten Zauberschulen und Spezialfähigkeiten. Das System ist enorm abwechslungsreich, der Wiederspielwert hoch. 

Drittens: Die Spielwelt Arcanus hat eine zweite Ebene namens Myrror, die ich nur durch strategisch wichtige Portale erreiche. In dieser Spiegelwelt lauern andere Völker, deutlich stärkere Gegner, aber auch wertvolle Schätze. Und genau darum ist Master of Magic ein echter Schatz für Strategen.

Trivia:

  • Das gleichnamige Remake von 2022 kommt bei weitem nicht an die Magie von Master of Magic heran. Spielt lieber Caster of Magic, das ist die Enhanced Edition des Originals, die von Fans entwickelt wurde. Gibt es für einen kleinen Euro bei GOG.com und Steam. 


74. Die Siedler 3

Entwickler: Blue Byte Software
Subgenre: Aufbaustrategie
Release: Dezember 1998

Markus Schwerdtel: Wieso wollte Volker Wertich wohl die Wege weglassen? Wer weiß, aber irgendwas wird sich der Siedler-Erfinder (genau genommen hat er Die Siedler 3 zusammen mit Torsten Hess gemacht) schon dabei gedacht haben. Was das war, erschließt sich mir aber nicht, als ich damals zum ersten Mal Die Siedler 3 starte. Denn als leidenschaftlicher Fan von Die Siedler 2 bin ich es gewohnt, meine Straßen selber zu bauen und will das bitteschön auch weiterhin tun - auch wenn die manuelle Wegelegerei aus heutiger Sicht eine absolute Komfortkatastrophe ist.

Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und schon nach ein paar Partien haben ich mich mit dem Siedler-Autopiloten angefreundet und genieße stattdessen die Vorzüge der dritten Siedlerei. Da wären zum Beispiel die drei Völker (Römer, Asiaten, Ägypter), die sich zwar nicht komplett unterscheiden, aber durchaus unterschiedlich spielen. Wunder bringen Würze ins Spiel, brauchen aber kostbaren Alkohol. Es gibt Schiffe, Priester, eine schicke Warenprioritäts-Liste und jede Menge kleiner Spielelemente, die das Siedeln einfach komfortabler machen.

Wohl dem damaligen Echtzeit-Strategie-Zeitgeist geschuldet, kontrolliert man das Militär in Die Siedler 3 direkt. Das kommt mir damals als Fan von C&C & Co. entgegen, verschreckt aber so manchen Kenner der Vorgänger. Wie überhaupt die Soldaten durch Ränge und Fähigkeiten wichtiger werden als früher - auch das ist nicht jedermanns Sache.

Eine besondere Überraschung erwartet übrigens Raubkopierer von Die Siedler 3: Der Kopierschutz sorgt dafür, dass etwa Bäume nicht komplett auswachsen und dadurch nicht gefällt werden können. Außerdem kommen aus der Eisenschmelze nur Schweine statt Eisenbarren. Lecker, aber Rohstoff-Engpässe sind so natürlich vorprogrammiert. Die Siedler 3 ist spielerisch erstaunlich gut gealtert, in der History Collection zur Serie kann man sich davon überzeugen.

Trivia:

  • Ursprünglich waren für die einzelnen Siedler Sprachsamples geplant, die sogar schon aufgenommen waren. In letzter Sekunde flogen sie aber wieder aus dem Spiel, die Siedler sind stumm.
  • Immer lustig bei so alten Spielen: die Hardware-Anforderungen! Stolze 64 Mbyte RAM sollten es für den reibungslosen Genuss bei einer Auflösung von 1024x768 schon sein.


NEU

73. Warhammer 40K: Chaos Gate - Daemonhunters

Entwickler: Complex Games
Subgenre: Rundentaktik
Release: Mai 2022

Warhammer 40k: Chaos Gate - Deamonhunters - Dieses Spiel ist der Hammer Video starten 10:20 Warhammer 40k: Chaos Gate - Deamonhunters - Dieses Spiel ist der Hammer

Dimitry Halley: Kein Genre wird im Warhammer-40K-Universum so häufig abgegrast wie die Rundentaktik. Es gibt Mechanicus, Battlesector, Space Hulk, und alle diese Spiele sind für sich genommen recht spielenswert, aber keines schlägt Warhammer 40K: Chaos Gate - Daemonhunters. Und das nicht nur, weil es den sperrigsten Namen hat. Daemonhunters ist so, als hätte jemand Warhammer-Autor Dan Abnett ein XCOM-Spiel schreiben lassen, es spielt sich aussichtslos, brutal, überdreht und trifft mit 100-prozentiger-Crit-Chance ins Herz eines 40K-Fans.

In Daemonhunters rekrutiert ihr einen Trupp aus Grey Knights. Das sind die Jungs, die von anderen Space Marines gerufen werden, wenn sie Angst vor dem Chaos bekommen. Grey Knights dienen der Inquisition, sie spezialisieren sich darauf, alles zu vernichten, was vom Warp berührt wurde - und genau das tut ihr auch in Daemonhunters.

Runde um Runde zieht ihr gegen Kultisten und noch entstelltere Abkömmlinge der Chaosbrut zu Felde und nutzt dabei alle Fähigkeiten, die der Glanz des Imperators euch beschert: Schwere Bolter, psionische Fertigkeiten … oder ihr sprengt eine riesige Säule und lasst sie auf ein paar Kultisten plumpsen.

Wie schon Gears Tactics erfindet Daemonhunters das Genre-Rad nicht neu, aber es meistert eben seine rundentaktischen Stärken und wird damit zu einem Paradebeispiel, wie eine gute Lizenzumsetzung von 40K aussehen muss!

Trivia:

  • In den 10.000 Jahren ihrer Existenz wurde kein einziger Grey Knight jemals vom Chaos korrumpiert.


72. Total War: Three Kingdoms

Entwickler: Creative Assembly
Subgenre: Echtzeit- und Rundenstrategie
Release: Mai 2019

Total War: Three Kingdoms - Das genaue Gegenteil von Warhammer Video starten 15:00 Total War: Three Kingdoms - Das genaue Gegenteil von Warhammer

Dimitry Halley: Eigentlich ist Total War: Three Kingdoms ein unmögliches Spiel. Was denkt sich Entwickler Creative Assembly denn dabei? Ein Szenario, das hierzulande so wenige Leute interessiert, dass die Video- und Artikelklickzahlen auf GameStar.de schon vor Release in den Keller poltern. Und das nach Warhammer 2, das so ziemlich jedes richtige Genre-Knöpfchen drückt.

Doch dieser Eindruck täuscht! Three Kingdoms ist nicht nur ein tolles und mutiges Total War, sondern auch sehr, sehr smart. Denn auf dem chinesischen Markt gelang der Durchbruch, über 200.000 Steam-Fans spielten Three Kingdoms gleichzeitig.

Diesen Erfolg braucht Three Kingdoms aber gar nicht, um mein Herz zu erobern. Als alter Fan von Dynasty Warriors fasziniert mich die Ära der drei Reiche ohnehin schon seit Jahren - und hier bekommt ihr die Chance, in diesen spannenden Mix aus chinesischer Historie und Sagenwelt einzutauchen. In einer Zeit der Zersplitterung müsst ihr China unter eurer Flagge einen - mal als Tyrann Dong Zhuo, mal als rücksichtsloser Kleinkönig Cao Cao, oder ihr schnappt euch gleich die Bergbanditen und errichtet ein Kaiserreich der Diebe.

Three Kingdoms ist zwar nicht so exotisch wie Warhammer 2, bietet aber ein völlig unverbrauchtes Szenario - und völlig eigene Tugenden. Beispielsweise das aufgepeppte Diplomatie-System, mit dem ich viel flexibler andere Länder nach meiner Pfeife tanzen lassen kann als in Warhammer. Oder ich schmuggle meine Generäle als Spione in die feindliche Armee.

Unter den historischen Total Wars mag Three Kingdoms wegen seines fremdartigen Szenarios vielleicht nicht das beliebteste sein. Aber wer 2024 Bock auf ein zeitgemäßes, beeindruckendes Total War hat, macht hier definitiv nichts falsch.

Trivia:

  • In Three Kingdoms gibt's einige Popkultur-Anspielungen, beispielsweise das Achievement Jade Empire.
  • Auch Lu Bus Quest »Do not pursue Lu Bu« zählt zu diesen Anspielungen. Das Zitat stammt aus Dynasty Warriors, wo ihr den Feldherren zwar theoretisch angreifen könnt, ihr aber eigentlich abhauen solltet, weil der Typ unglaublich stark ist.


71. Sim City

Entwickler: Maxis
Subgenre: Wirtschaftssimulation
Release: 1989

Nils Raettig: Sim City war das erste berühmte Werk von Will Wright, der heute vor allem für Die Sims bekannt ist. Wie der Name schon erahnen lässt, bauen wir in Sim City eine Stadt auf - oder sehen dabei zu, wie sie durch eine der Katastrophen im Spiel (Godzilla!) zerstört wird.

Das Spielprinzip war im Kern sehr simpel: Das Verhältnis aus Wohnflächen, Arbeitsplätzen und Industrie muss stimmen. Hinzu kommen viele weitere Faktoren wie ein gut ausgebautes Verkehrsnetz, ausreichend Schutz für die Bewohner durch Polizei und Feuerwehr, genügend Parkflächen für die Erholung und Unterhaltung in Form eines Stadions.

Der große Reiz bestand für mich vor allem darin, die eigene Stadt weiter wachsen zu sehen - auch wenn es gleichzeitig immer schwieriger wurde, den ausufernden Verkehr in den Griff zu bekommen, gegen die Luftverschmutzung anzukämpfen und all die Katastrophen wie Brände oder Erdbeben zu überstehen.

Es war teils ganz schön frustrierend, zu sehen, wie die in mühsamer Kleinarbeit aufgebaute Metropole durch einen Wirbelsturm in Schutt und Asche gelegt wird. Das nötige Kleingeld für den Wiederaufbau konnte man sich zwar zur Not auch mit Cheats beschaffen, allerdings folgte die Strafe in Form eines Erdbebens auf dem Fuße, wenn man allzu gierig war.

Ein Glück, dass sich auch das umgehen ließ: Entweder erschummelte man sich das Geld einfach direkt zu Beginn, wenn noch nichts gebaut war, das wieder zerstört werden konnte. Oder man pausierte das Spielgeschehen und gab den Cheat erst dann ein.

In Erinnerung geblieben sind mir auch die Sounds von SimCity, zumal sie sich ständig wiederholt haben. Schon der schrille Klang beim falschen Platzieren eines Objekts war sehr unangenehm. Noch größer war aber der Schreck bei dem Ton, der das Eintreten einer Katastrophe angekündigt hat.

Ähnlich wie im Falle von Railroad Tycoon auf Platz 90 habe ich die meiste Zeit nur meinem älteren Bruder beim Spielen von Sim City zugesehen, statt selbst zu zocken. Dadurch war es um so ärgerlicher, wenn er frustriert mit dem Spielen aufgehört hat, weil Godzilla mal wieder seine Stadt dem Erdboden gleich gemacht hat - schließlich wurde so mein Unterhaltungsprogramm im Twitch-Stil der 90er abrupt unterbrochen.

Trivia:

  • Der Geld-Cheat im Spiel war auf maximal 90.000 Dollar begrenzt.
  • Wer stattdessen Millionen von Dollar besitzen wollte, konnte sie sich per HEX-Editor erschummeln.
  • Der letzte SimCity-Teil, an dem Will Wright mitgearbeitet hat, ist

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