Mass Effect, Baldur's Gate, Star Wars: KotOR, mit solchen Spielen wurde Bioware einstmals bekannt und zu einem der besten Rollenspiel-Entwicklerstudios der Videospielwelt. Umso spannender und gewagter erscheint deshalb der Versuch, mit Anthem ein vollkommen neues Genre zu erobern, nämlich das der Loot-Shooter.
Anders als die altmodischen Bioware-Rollenspiele setzt Anthem im Kern also nicht auf eine zig Stunden dauernde und wendungsreiche Story mit schwerwiegenden Entscheidungen des Spielers. Stattdessen stellt es explosive Shooter-Gefechte, Loot-Sammelei und Live-Events in den Vordergrund. Außerdem versprechen die Entwickler, dass sich Anthem in den kommenden Monaten mit DLCs und Updates stetig weiterentwickeln werde.
Gerade wenn man sich die klassischen Bioware-Titel in Erinnerung ruft, hört sich all das erstmal sehr befremdlich und neumodisch an. Kann so ein moderner Loot-Shooter von den alten Königen des Rollenspiels also überhaupt wirklich gut werden? Nun, eines Tages vielleicht. Zum Release enttäuscht Anthem allerdings noch in sehr vielen Belangen. Welche genau das sind, und warum Anthem trotzdem viele Fans langfristig begeistern könnte, klären wir in unserem Test.
Keine würdige Bioware-Story
In Anthem übernehmen wir die Rolle eines sogenannten Freelancers. Das ist eine Art High-Tech-Söldner-Ritter, der mit seinem Javelin-Kampfanzug auf einem fiktiven Planeten für Recht und Ordnung sorgt. Und das Ziel unserer Hauptquest-Reihe lautet gleich mal, eine Naturkatastrophe zu verhindern. Klingt spannend, ist es allerdings außer in einer Handvoll beeindruckender Zwischensequenzen so gut wie nie.
Nach 15 Stunden haben wir alle Haupt-, sowie die für die Geschichte völlig belanglosen Nebenmissionen durch. Anschließend bleibt noch das Endgame, in dem wir keiner wirklichen Story mehr folgen. Viel Inhalt bietet Anthem nach dem Abspann ohnehin nicht: Gerade mal drei sogenannte Festungen stellen (mehr sollen kommen) den Höhepunkt des Endgames dar. Zwei kennen wir schon aus der Kampagne. Daneben gibt's noch automatisch generierte und legendäre Aufträge, die sich aus sehr eintönigen Versatzstücken wie "Töte alle Gegner in Gebiet X" zusammensetzen. Eine Liste oder gar eine freie Auswahl aller Story-Missionen, mit der wir alte Aufträge noch einmal absolvieren könnten, bietet Anthem nicht.
Wie sich Bioware mit Anthem neu erfindet - Plus-Report
11:04
Anthem - Test-Video zum Koop-Shooter von Bioware
Anthem lässt während seiner Kampagne jede Chance aus, um wirklich spannende Geschichten zu erzählen. Dabei bietet das Spiel im Hintergrund einige durchaus interessante Geschichten, nur können wir diese dummerweise nicht selbst spielen, sondern nur über sie lesen. In einer Art Datenbank (dem sogenannten Cortex) sammeln wir nämlich ständig neue Einträge über die Historie und große Helden der Spielwelt. Und darin zeigen die Entwickler von Bioware, dass sie immer noch fantastische Geschichtenerzähler sein können.
Wie gerne würden wir selbst nachspielen, wie die ersten Freelancer die Menschheit aus der Sklaverei befreit haben oder wie das böse Militärregime "Dominion" die Stadt Freimark erobert hat. Stattdessen legen wir uns die meiste Zeit über nur mit irgendwelchen Söldnern und klauenden Insekten-Aliens an.
Einfluss auf die Story können wir auch keinen nehmen. In vielen Gesprächen gibt es zwar Dialog-Optionen, die beschränken sich aber grundsätzlich auf zwei wenig aussagekräftige Antwortmöglichkeiten (zum Beispiel "Klar" versus "Nicht wirklich"). Auf diese Weise beeinflussen wir höchstens mal das Schicksal von unwichtigen Nebencharakteren, nie aber den Verlauf der eigentlichen Geschichte. So verschenken die Entwickler das gesamte Story-Potenzial, denn wir erleben in Anthem keine denkwürdige Bioware-Geschichte, sondern einfach nur eine Reihe recht belangloser Ereignisse.
Die Story von Anthem - Warum Bioware sein Versprechen nicht erfüllt
Wenn vier Iron Mans in den Kampf ziehen
Wesentlich besser als die Geschichte fällt dagegen die Action von Anthem aus. Die Kämpfe und die Ballereinlagen sind ganz klar das Beste am Loot-Shooter. Mit unserem Javelin-Anzug fliegen wir wie Iron Man durch die Gegnerhorden, mit unseren Spezialattacken verbrennen, schockfrosten oder jagen wir ganze Feindesgruppen auf einen Schlag in die Luft. Und zwischendurch verteilen wir auch noch mit unseren Kanonen einen Kopfschuss nach dem anderen.
Gerade im Vier-Mann-Team blitzt, explodiert und kracht es quasi pausenlos um uns herum. Und dank unseren starken Kampfanzügen haben wir selbst gegen die seltenen Endbosse und 30 Gegner auf einmal keine großen Probleme, solange wir immer rechtzeitig in Deckung gehen, um unser Schild aufzuladen.
Je nachdem, welchen Javelin wir wählen (wir schalten nach und nach alle vier frei), ändert sich dabei unsere Kampftaktik. Der Storm schwebt meist über dem Geschehen und deckt Gegner mit Elementar-Angriffen ein. Der schnelle Interceptor schnetzelt sich im Nahkampf durch Gegnermassen. Der Colossus verteilt mit mächtigen Kanonen und Mörsern Flächenschaden. Und der Ranger ist als Starterklasse vielseitig einsetzbar und kann sowohl mit präzisen Lenkraketen als auch mit flächendeckenden Granaten für Lücken in den Feindesreihen sorgen.
Die vier Javelin-Klassen und ihre Skills im Überblick
9:08
Die Javelins von Anthem - Fähigkeiten, Kombo-Angriffe und Besonderheiten der Exosuits im Video erklärt
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